Full text: Klasse 7 (viertes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

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klettern, schien fast unmöglich; es war ein Wagstück auf Leben und 
Tod. Der Steuermann befahl kurzweg einem Schiffsjungen, er solle 
hinauf. Der war ein junger, zarter Bursche, kaum dreizehn Jahr alt, 
das einzige Lind einer armen Witwe, die ihr Liebstes hatte in die Welt 
gehen lassen, weil sie selber kaum satt zu essen hatte. 
Als der Junge den Befehl vom Steuermann empfangen hatte, blickte 
er hinauf nach der Spitze des Mastes und wieder hinab in die schäumen¬ 
den Wellen, die wie mit Ruten gepeitscht übers Verdeck schlugen und nach 
ihm die Wasserarme ausstreckten. Er schwieg einen Augenblick; darauf 
sagte er: „Ich komme gleich!" und sprang übers Verdeck fort in die 
Kajüte. Eine Minute verging, dann kehrte er zurück, und nun ging's 
die Strickleitern hinauf, flink und entschlossen. 
Der Mann, der diese Geschichte erzählt hat, stand unten am Maste, 
und seine Blicke folgten dem Linde, bis ihm schwindelte. Er fragte den 
Steuermann: „Warum schickst du den hinauf? Er kommt nicht lebendig 
herunter!" — Der Steuermann antwortete: „Männer fallen, Jungen 
stehen. Der klettert wie 'ne Eichkatze!" 
Der andere sah wieder hinauf; noch stand der Junge. Jetzt hing er 
am Mastkorb, jetzt stieg er weiter. Der Sturm raste und tauchte den 
Mast fast in die Flut ein; der Junge hielt sich. — In einer Viertelstunde 
war er unten, wohlbehalten und frisch, und lachte fröhlich. — „Gott sei 
gedankt!" rief jener; vor Angst hatte das Herz ihm stille gestanden. 
Denselben Tag noch suchte er den Jungen zu sprechen. Er fragte 
ihn, ob ihm nicht bange gewesen sei. „Ja," sagte der Junge. — „Ich 
merkte es wohl," sagte der andre, „du hast es dir auch erst in der Lajüte 
bedacht." — „Bedacht nicht," sprach jener, „ich wollte erst beten. Ich 
dachte: Herunter komm ich nicht wieder lebendig; da habe ich beten 
müssen. Hernach war ich nicht bange." — Der Mann fragte ihn, wo er 
das Beten gelernt habe. — „Als ich noch zu Hause war," sagte der 
Junge, „hat die Mutter es mich gelehrt. Als ich fortging, sagte sie, 
ich solle es immer tun, damit Gott mich vor Gefahren bewahre, und ich 
kann es auch nicht lassen."
	        
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