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b. Abendfreden
De Welt is rein so fachen,
As leeg se deep in Drom;
Man hört ni wee'n noch lachen,
Se's lisen as en Bom.
Se snackt man mank de Blaeder,
As snack en Kind in Slap,
Dat fund de Wegenlcder
Vaer Köh un stille Schap.
Nu liggt dat Dörp in Dunkeln
Un Newel hangt dervaer,
Man hört man eben munkeln,
As keem't vun Minschen ber.
Man hört dat Veh in't Grasen,
Un aliens is in Fred',
Sogar en schüchtern Hasen
! Sleep mi vaer de Föt.
Da's wull de Himmelsfreden
Ahn Lärm un Strit un Spott,
Dat is en Tid tum Beden —
Hör mir, du frame Gott!
Kl. Groth.
53. Ich sah den Wald sich färben
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm,
Mir war betrübt zum Sterben
Und wußte kaum, warum.
Durch's Feld vorn Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub,
Da dacht' ich, deine Freude
Ward so des Winters Raub.
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand:
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich floß ein klares
Getön in Lüften hoch,
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt' ich's wie Trost mir dringen
Zum Herzen wundersam.
Es mahnt' aus heller Kehle
Mich ja der slücht'ge Gast:
Vergiß, o Menschenseele,
Nicht, daß du Flügel hast.
Geibcl.
54. Die Strasiburger Tanne.
Bei Straßburg eine Tanne
Im Bergforst, alt und groß,
Genannt bei jedermanns
Die große Tanne bloß,
Ein Rest aus jenen Tagen,
Als dort noch Deutschland lag —
Die ward nun abgeschlagen
An diesem Pfingstmontag.
Da kamen wie zum Feste
Zusammen, fern und nah,
In ganzen Scharen Gäste
Und sahn das Schauspiel da.
Sie jauchzeten mit Schalle,
Als niedersank ihr Kranz,
Und hielten nach dem Falle
Im Forsthaus einen Tanz.