220
Sechster Abschnitt.
nicht alles Eßbare, was in der Küche gebraucht wird, kann sogleich
wieder in die Speisekammer oder in den Keller zurückgebracht werden.
Ich habe in dem Küchenschranke oft Brot, Butter, Salz, Zucker,
Milch, Essig, Wein stehen sehen, dazu noch die Überreste der
gekochten Speisen. Katzen, Hunde, Ratten, Mäuse und naschhafte
Kinder hat man nicht gern in der Küche. Wasser wird in der
Küche sehr viel gebraucht, und zwar reines Brunnenwasser. Es
steht in einem Zuber oder Eimer auf der Wasserbank. Bald wird
ein Glas voll zum Trinken daraus geschöpft, bald ein Gefäß voll
zum Kochen, bald eine Schüssel voll zum Spülen der gebrauchten
Küchengerätschaften; denn in der Küche muß alles reinlich sein, sonst
sind die Speisen nicht appetitlich. Von Zeit zu Zeit muß alles
blank gerieben und gescheuert werden. Dann sieht man recht, wie
viel Gerätschaften die Küche enthält. Irdenes, eisernes, kupfernes
Geschirr, zinnerne oder porzellanene Teller, ein Hackmesser, ein
Hackbrett und — wer kann alles nennen, was in der Küche steckt?
Die Köchin weiß es vielleicht selber nicht. Damit es reinlich in der
Küche hergehen kann, ist es sehr gut, wenn sie hell ist, und wenn
der Rauch gut durch den Schornstein abzieht. Das Kochen ist eine
Kunst, welche jedes Mädchen lernen sollte. Aber die Knaben, welche
sich viel in der Küche umhertreiben, werden nicht gern gesehen; man
nennt sie Topfgucker.
5. Mein Wohnhaus.
Freie Darstellung.
Das Haus, worin ich wohne, liegt an einer der breitesten
Straßen der Stadt. Es hat eine Länge von etwa zwanzig Meter
und besteht aus drei Stockwerken. Die der Straße zugewandte
Seite (Fronte) ist aus grauem Sandstein, die Rückseite sowie die
an die etwas niedrigeren Nachbarhäuser anstoßenden Seiten sind
aus Ziegelsteinen aufgeführt. An der Straßenseite hat das Erd¬
geschoß vier Fenster und ein breites Thor, die beiden anderen
Stockwerke haben jedes fünf Fenster. Auf dem Rande des Gesimses
zeigen sich in gleichen Abständen vier große Vasen; es sind jedoch
Kamine. Zwischen den Fenstern des obersten Stockwerkes sind vier
weibliche allegorische Figuren und über diesen die Brustbilder von
vier berühmten Männern angebracht. Abgegrenzt sind die Stock¬
werke jedesmal durch ein Fries, welches eine Guirlande darstellt.
Über dem Thore, dessen obere Hälfte aus Glas mit einem Schutz¬
gitter besteht, erblickt man das Wappen der Stadt. Das Haus
enthält zahlreiche Räume; sie dienen mir teils zur Wohnung, teils
zu anderen Zwecken. Rückwärts ist das Haus an der nördlichen
Seite durch einen breiten Gang mit einem anderen großen Gebäude
verbunden, welches zu ersterem beinahe parallel steht. Durch den
Gang kann man auf jedem Stockwerke aus einem Hause in das
andere gelangen. Sie schließen auf diese Weise von drei Seiten