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den Horizont und verhindern die weitere Aussicht. Dies sind die
äußersten Linien des Kreises, dessen Mittelpunkt dieser Berg ist.
Aber innerhalb dieses Kreises, welch eine bunte Landschaft, welch
schönes Gemälde! Wie abwechselnd Thal und Berg, Wälder, Fluren und
Flüsse! Welche Menge von Höfen, Dörfern und Städten, die allenthalben,
bald mehr bald minder versteckt, mit ihren Türmen und schimmernden
Dächern und Zinnen einen ungemein heitern Anblick gewähren. Ganz
nahe, dem Anscheine nach nur einen Steinwurf weit, liegt am nördlichen
Fuße des Berges die Stadt Gmünd. Eben so nahe, nur auf des Berges
südlicher Seite, breitet sich in einem fruchtbaren Thale das schöne
Städtchen Göppingen aus. Das frohe Gefühl, in das den Beschauer die
lebendige Gegenwart versetzt, wird getrübt bei dem Anblick so vieler in
Trümmern liegender Bergschlösser, die sich rings über die Thäler erheben
und wie Diener und Vasallen um den sie alle überragenden Hohenstaufen
herumstehen. Rechberg, Staufeneck, Helfenstein, Namsberg, Scharfeneck,
Berneck, Drachenstein waren ehemals die Sitze blühender Geschlechter,
deren Andenken sogar zum Teil nun verweht ist.
Noch mehr drängt sich der Gedanke an die Vergänglichkeit aller-
menschlichen Größe dem Geiste auf, wenn man die nächsten Umgebungen
betrachtet; denn von dem Stammhause der Hohenstaufen ist, bis auf ein
kleines Stück Blauer, auch die letzte Spur verschwunden, und mit Gras
und Disteln ist der Schutt überwachsen. Einsame Ziegen weiden
an den steilen Wänden des Berges, und halbnackte Hirtenknaben tummeln
sich auf der luftigen Höhe, wo einst der mächtige Friedrich der Rot¬
bart seine Jugend verlebte. — Im Bauernkriege von 1525 wurde von
dem Schlosse verbrannt, was verbrennlich war. Die sieben Fuß dicke
Ringmauer, zwei feste Türme, der Buben- und Mannsturm genannt, und
die Thore blieben stehen und standen noch 1588. Seit jener Zeit wurden
die Steine von den benachbarten Bauern geholt, die Türme niedergerissen,
der Brunnen verschüttet.
Am südlichen Abhange des Berges liegt das Dorf Hohenstaufen.
In der alten Kirche, die schon stand, als die Staufen Könige der Deutschen
waren, ist eine kleine, niedrige Thüre gegen den Berg zu. Über derselben
befindet sich ein uraltes Wandgemälde, welches den Kaiser Friedrich Bar¬
barossa im Harnisch mit dem Scepter vorstellt; unter dem Bilde sind
einige deutsche Reime, welche sagen, daß Friedrich durch diese Thüre in
die Kirche gegangen sei. Freilich konnte er nicht oft hier oben weilen,
da ihm seine Kriegszüge in Italien nicht viel Zeit dazu ließen. Auch
seine Söhne Heinrich VI und Philipp von Schwaben freuten sich der
Burg ihrer Väter. Als König Philipp im Jahr 1208 ermordet worden war,
flüchtete sich seine arme Gemahlin, die griechische Kaisertochter Irene, auf
den Hohenstaufen. Bald darauf starb sie; ihre letzte Ruhestätte fand sie
im Kloster Lorch, dem alten Erbbegräbnis der Staufen. Kaiser Friedrich II,