Full text: (Für Quinta) (Abth. 2, [Schülerband])

14 
A. Erzählende Prosa. I. Erzählungen. 
scharren? wenn es draußen regnet. Und während er dies dachte, klopfte 
er mit seinem Hämmerlein auf dem einen schnurgeraden Kohlenstrich sanft 
auf und ab. Denn er f-reute sich über den hellen Klang der Platte. Aber 
auf einmal wurden die hellen Töne dumpf und immer dumpfer wie bei 
einer zersprungenen Glocke und zuletzt sprang die Tafel gerade in der 
Richtung des Kohlenstriches mitten entzwei. Ist es da so gegangen, dachte 
nun Benedikt, so kann es auf den übrigen drei Seiten ebenso gehen, und 
hämmerte auch auf dem zweiten Kohlenstrich eine Weile vorwärts und rück¬ 
wärts. Sein Schluß war richtig. Nachdem er noch einige Minuten so 
fortgeklopft hatte, lag eine vollkommen viereckige Platte auf seinen Knieen. 
Eine zweite gelang nicht minder, und so fort. Früher schon hatte er 
manchmal zwei Schiefertrümmer an einander gerieben, um sie zu polieren, 
und gefunden, daß er damit am schnellsten zu Stande kam, wenn er von 
dem Sande, mit dem seine Mutter handelte, dazwischen that und Wasser 
dazu nahm. Diese frühere Erfindung wandte er nun auf seine Pflaster¬ 
steine an und gewann so einige sehr schöne Platten. 
Indes trieb er dies Alles als eine bloße Spielerei und sagte davon 
Niemand etwas, selbst seiner Mutter nicht. Seine schönsten Tafeln ver¬ 
barg er da und dort unter einem Busch, wie etwa ein Hirtenknabe an der 
Donau schöne Kiesel, die er in ihrem Bette findet, in einem hohlen Wei¬ 
denstamm aufhebt. Eines Abends aber, als er eingetrieben hatte und 
seiner Mutter gegenüber an der Suppenschüssel saß, erzählte sie ihm, daß 
sie mit Sand in Eichstädt gewesen und dort dem Bischof so nahe gekommen 
sei, daß sie jedes seiner Worte verstanden habe. „Was sagte er denn?“ 
fragte Benedikt. „Er stand," antwortete die Witwe, „mitten unter den 
Domherren in der neuen Kirche, die er hat bauen lassen, und berath¬ 
schlagte mit ihnen, mit was für Steinen der Fußboden belegt werden dürfte. 
Der Eine rieth dies und der Andere das, bis der hochwürdige Herr der 
Unterredung damit ein Ende machte, daß er sagte: „Nun, morgen um die 
elfte Stunde haben wir die fremden Steinmetzen hierher bestellt und wollen 
die Proben beschauen, die sie von allerlei Sand- und Marmelsteinen bei sich 
haben. Aber wir fürchten, ein solches Pflaster möchte für unsern bischöf¬ 
lichen Beutel zu theuer kommen. Wir werden uns wohl die Backsteine 
gefallen lassen müssen, die am wohlfeilsten sind." — „So, so!“ versetzte 
Benedikt, warf seinen Löffel von Horn in die Tischlade, wünschte seiner 
Mutter eine gute Nacht und ging unter das Dach hinauf in seine Schlafstätte. 
Das Sandweib hatte übrigens den Fürstbischof ganz recht verstanden. 
Schon bald nach der zehnten Stunde des Morgens versammelten sich in 
der neuen Kirche zu Eichstädt, in der von der Hand des Maurermeisters 
nichts mehr fehlte als das Pflaster, etliche Steinmetzen, die der Bischof 
aus Tyrol, dem Fichtelgebirge und dem Nheingau auf seine Kosten berufen 
hatte. Die Steinproben trugen ihnen ihre Gesellen in kleinen hölzernen 
Kasten nach und stellten sie neben einander auf eine lange Tafel. Darauf 
fanden sich nach und nach mehrere Grafen und Herren aus der Nachbar¬ 
schaft ein, die schon reichlich zu dem Kirchenbau beigesteuert hatten und nun 
auch noch bei dem Pflaster ein Uebriges thun sollten. Endlich erschien 
auch der Fürstbischof mit seiner ganzen Klerisei und seinen weltlichen 
Beamten hinter sich, und als Alle beisammen waren, schien es fast, als
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.