Havelinsel und fand daselbst trotz Nebel, Betäubung, Aufregung und
Blutverlust noch zwei von den Dragonerpferden der Wacht-Abteilung,
angstvoll an ihren Strängen zerrend. Im nächsten Augenblick schon saß
der brave Alte im Sattel des einen Tieres und jagte über den Werder
hin, links ab. 8
Da der Weg auf Rathenow von dem Generalfeldmarschall Derff-
linger jetzt vollständig fteigemacht war, so ging der Marsch der sechs-
tausend vom Rhein her zu Hause anlangenden brandenburgischen Reiter
über die Brücken. Der. Nebel hatte sich allmählich in einen feinen
Regendunst verwandelt, und der sumpfige Boden dröhnte nur wieder 10
von dem Stampfen einiger verwundeter Pferde, die wie Geisterer¬
scheinungen durch den grauen Dunst taumelten, strauchelten und schossen.
Die Furt, welche die Dragoner des Derfflingers erst mit einiger
Mühe gefunden hatten, kannte der Korporal Sven gut genug. Er
befand sich mitten im Strom und erreichte den Steindamm am linken is
Ufer, ohne sich umzusehen.
„Es ist aus, Rolf Kok! Sie haben dich mit dem Obristen*, tot
oder lebendig!" rief er jammernd und jagte weiter, geradeaus in die
lieblichen Sümpfe und Heiden der wackeren Mark Brandenburg hinein.
Das waren eilige Tage, und nimmer ist in der Welt so scharf 20
geritten worden wie in diesem Juni des Jahres 1675 in der Mark.
Nach W. Raabe.
73b. ver Srvtze Kurfürst bei Fehrbellin.
furch die Mark ziehen sich große Moore, die man nur an den
schmalen Stellen, auf Stein- oder Knüppeldämmen* von Menschen¬
hand, überschreitet; man nennt sie Luche. Grauer Nebel, der die
ganze Gegend mit einem dichten Schleier verhüllte, lag auf dem Moore,
und von den Zweigen der Bäume tropfte es leise herab. Solch ein 5
Luch hatte am 17. Juni 1675 eben ein Schwedenheer überschritten,
als der Kurfürst*, von Rathenow kommend, eintraf. Seine Dragoner
sprangen von den Pferden und rückten über den Damm dem Feind
entgegen. Da aber der letzte Teil des Dammes auseinandergerissen
war und der Feind drüben mit Büchsen und Kanonen zum Schusse 10
bereit stand, so mußten sie halten. Als sie nun sahen, daß es hier
nicht möglich sei, vorwärts zu kommen, nahm einer der Obersten etwa
tausend Mann mit sich, strich in der dämmerigen Nacht am Rande des
Luches entlang und suchte nach einem Wege, fand auch einen Fußpfad und