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Grimm.
Felsgänger ausgesandt werden und jedweder nach dem jen¬
seitigen Gebiete zulaufen und da, wo sich beide Männer be¬
gegneten, die Grenzscheide festgesetzt bleiben, das kürzere
Teil möge nun fallen diesseits oder jenseits. Die Leute
wurden gewählt, und man dachte besonders darauf, einen
solchen Hahn zu halten, der sich nicht verkrähe und die
Morgenstunde auf das allerfrühste ansagte. Und die Urner
nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben
ihm sparsam zu essen und zu saufen, weil sie glaubten,
Hunger und Durst werde ihn früher wecken. Dagegen die
Glarner fütterten und mästeten ihren Hahn, daß er freudig
und hoffärtig den Morgen grüßen könne, und dachten da¬
mit am besten zu fahren.
Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag er¬
schien, da geschah es, daß zu Altorf der schmachtende Hahn
zuerst erkrähte, kaum wie es dämmerte, und froh brach
der Urner FelsenUimmer auf, der Marke zulaufend. Allein
in Linttal drüben stand schon die volle Morgenröte am
Himmel, die Sterne waren verblichen, und der fette Hahn
schlief noch in guter Ruh. Traurig umgab ihn die ganze
Gemeinde; aber es galt die Redlichkeit, und keiner wagte es
ihn aufzuwecken: endlich schwang er die Flügel und krähte.
Aber dem Glarner Läufer wird's schwer sein, dem Urner
den Vorsprung wieder abzugewinnen. Ängstlich sprang er
und schaute gegen das Scheideck; wehe! da sah er oben am
Giebel des Grats den Mann schreiten und schon bergabwärts
niederkommen: aber der Glarner schwang die Fersen und
wollte seinem Volke noch vom Lande retten so viel als mög¬
lich. Und bald stießen die Männer auf einander, und der
von Uri rief: „Hier ist die Grenze!" — „Nachbar," sprach
betrübt der von Glarus, „sei gerecht und gib mir noch ein
Stück von dem Weidland, das du errungen hast!" Doch der
Urner wollte nicht; aber der Glarner ließ ihm nicht Ruh,
bis er barmherzig wurde und sagte: „So viel will ich
dir noch gewähren, als du, mich an deinem Hals tragend,
bergan läufst."