Anhang epischer Stoffe für das Schulalter.
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tragen, so wird es besser gehen. Bringt mir aber übers Jahr das
Kästlein wieder zurück!" •
Die gute Hausmutter setzte in das Küstlein ein großes Vertrauen
und trug es fleißig umher. Als sie den nächsten Tag in den Keller
ging. wollte der Knecht eben einen Krug Bier heimlich herauftragen.
Als sie noch spät bei Nacht in die Küche kam, hatten die Mägde sich
einen Eierkuchen gemacht. Als sie die Stallungen durchwanderte,
standen die Kühe tief im Kot, und die Pferde hatten anstatt des Hafers
nur Heu und waren nicht gestriegelt. So hatte sie alle Tage einen
anderen Fehler abzustellen.
Nachdem das Jahr herum war, ging sie mit dem Kästchen zum
Einsiedler und sagte vergnügt: „Alles geht nun besser. Laßt mir
aber das Kästlein noch ein Jahr! es enthält ein gar treffliches Mittel."
Da lachte der Einsiedler und sprach: „Das Kästchen kann ich Euch
nicht lassen; das Mittel aber, das darin verborgen ist. sollt Ihr
haben." Er öffnete das Kästchen, und sieh! es war nichts darin, als
ein weißes Stücklein Papier, auf dem geschrieben stand:
Soll alles wohl im Hause stehn,
So mußt du selber wohl nachsehn.
3. Ter zornmütige Einsiedler.
(Caspari.)
Wäre unter den Kohlen kein Funke, so könnten alle Teufel blasen
und würden doch kein Feuer anbringen.
Vor alters lebte ein Mann, der war sehr aufbrausend und schnell
zum Zorn, und wenn er zornig gewesen, gereute es ihn wieder. Da
dachte er: „Das kommt von den bösen Menschen, ließen mich die in
Frieden, würd' ich auch wohl sanftmütig sein. Ich will lieber fort¬
gehen in den lvilden Wald und ein Einsiedler werden; da werd ich
keinen mehr hören und sehen und werde mich nicht mehr erzürnen."
So geht er fort in den Wald, sucht sich einen Ort, wo ein Brunnen
vom Felsen herabrinnt, und will sich da eine Hütte bauen. Über der
Arbeit wird's ihm warm, und er trägt seinen Krug zum Brunnen
und stellt ihn unter, daß er voll werde; der Krug aber fällt um, und
cr muß ihn zum zweitenmal unterstellen. Nach einer Weile fällt der