Rudolf Baumbach.
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4. Gurgelnde Wirbel das Wasser zieht,
Rauscht ein schauerlich Trauerlied,
Und es trägt einen toten Mann
Mit zerschmetterter Stirn heran.
Ierica, kennst du den Toten?
5. „Kennst du den Toten?" so ruft voll Hohn
Spela, die Sennrin, mit wildem Ton;
„Dich hatt' er lieb, mir war er versagt,
Und in den Tod hast du ihn gejagt.
Wehe dir, Mörderin, wehe!
6. Aber war er im Leben dein,
Soll er mein eigen im Tode sein.
Berge ade und du blumige Au,
Sonne so hell und du Himmel so blau!
Bitt für mich, heilige Jungfrau!"
7. Und von der Brücke hochragendem Rand
Springt sie mit fliegendem Haar und Gewand.
Schäumende Kreise die Soca zieht,
Brauset und rauschet ein Hochzeitlied.
Schlaft und träumt in Frieden!
Der Schnee verging, die Nachtigallen sangen,
Der 'Mond des Niedergrases war zu Ende,
Und ungeduldig brummte in den Ställen
Das Vieh, sich sehnend nach der Alpenweide.
5 Da brachten in das Tal verstörte Hirten
Die Schreckenskunde, daß die grünen Almen
Des Triglav allesamt verschwunden seien.
Und Wahrheit war's. Wo ehmals fette Wiesen,
Besät mit Sennerhütten stundenweit
io Sich streckten, lag ein Meer von Felsentrümmern.
Das hat der Gemsbock Zlatorog getan;
Mit seinen Hörnern hat er aufgewühlt
Die fette Scholle, als die Rojenice
Gekränkt von dannen zogen und mit ihnen
i5 Die Hüter ihres grünen Zaubergartens.
Wohin sie gingen, niemand hat's erfahren. —
S. 92 f.