Gottfried August Bürger.
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e. Der Laute gleicht des Menschen Herz,
Zu Sang und Klang gebaut.
Doch spielen sie oft Lust und Schmerz
Zu stürmisch und zu laut:
Der Schmerz, wann Ehre, Macht und Gold
Vor deinen Wünschen fliehn,
Und Lust, wann sie in deinen Sold
Mit Siegeskränzen ziehn.
7. O, wie dann Wunderhold das Herz
So mild und lieblich stimmt!
Wie allgefällig Ernst und Scherz
In seinem Zauber schwimmt!
Wie man alsdann nichts tut und spricht,
Drob jemand zürnen kann!
Das macht, man trotzt und strotzet nicht
Und drängt sich nicht voran.
s. O, wie man dann so wohlgemut,
So friedlich lebt und webt!
Wie um das Lager, wo man ruht,
Der Schlaf so segnend schwebt!
Denn Wunderhold hält alles fern,
Was giftig beißt und sticht;
Und stäch' ein Molch auch noch so gern,
So kann und kann er nicht.
9. Ich sing', o Lieber, glaub es mir,
Nichts aus der Fabelwell,
Wenngleich ein solches Wunder dir
Fast hart zu glauben fällt.
Mein Lied ist nur ein Widerschein
Der Himmelslieblichkeit,
Die Wunderhold auf groß und klein
In Tun und Wesen streut.
10. Ach! hättest du nur die gekannt,
Die einst mein Kleinod war —
Der Tod entriß sie meiner Hand
Hart hinterm Traualtar —,
Dann würdest du es ganz verstehn,
Was Wunderhold vermag,
Und in das Licht der Wahrheit sehn
Wie in den hellen Tag.