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große Entscheidungskampf gegen den Makedonier bei Arbela beginnt, seinem schon
weimal geschlagenen Heere ermunternd zu.
2.Fürchtet ihr vielleicht den Tob — will er sagen —, wohlan! so wisset,
daß derjenige, welcher sich in naher, ringsum drohender Gefahr befindet, ihr weit
sicherer vermittelst Besonnenheit und Mut, als vermittelst Angstlichkeit und Verzagt⸗
heit entgeht; daß ihr also gerade dadurch, wodurch ihr Rettung hofft, durch die Flucht,
euch ins Verderben stürzt, dagegen, wenn Rettung möglich ist, sie finden werdet im
mutigen Widerstande.
341 Wenngleich nun dieser Gedanke nicht hinreichend sein möchte, im Anblick
der Gefahr aus Furchtsamen Mutige zu machen; ja, wenngleich der schwache Fürst,
der, seine Königs- und Manneswürde aufrufend, so sich außerte, selbst vielleicht in
den nächsten Tagen nicht seinen Heldenspruch befolgte, so läßt sich doch nicht leugnen,
daß in seinen Worten, wenn wir sie recht erwägen, viel Wahres liegt. Denn erstlich
ubl das Gefuhl der Furcht dem Menschen bie Ruhe, Kaltblütigkeit und Geistes—
gegenwart, deren er bedarf, um die Gefahr, die ihn bedrohet, richtig zu ermessen, is
uf ihre Äbwendung zu sinnen, kein Retlungsmittel unversucht zu lassen, und, wenn
sie da ist, jeden günstigen Augenblick zu ergreifen, um ihr zu entrinnen oder sie
beniger schädlich z machen; ja der Taumel, in dem er sich befindet, stürzt ihn wohl
gar in neue, unerwartete Gefaͤhren, noch schlimmer als die erste. Dagegen hält der
Mut das Bewußtsein klar und die Besinnung fest; und alles, was geschehen kann ?
Und geschehen muß, wird von dem Unverzagten schnell erwogen, rasch ergriffen, un⸗
verzüglich angewandt, er findet einen Ausweg im dichtesten Gedränge und triumphiert
nicht selten über seine Verfolger. Aer was noch weit schlimmer ist: die Furcht raubt
dem Verzagten sogar das Maß von körperlicher Kraft, das erforderlich ist, um der
Gefahr abwehrend zu begegnen. Er fuhlt seines Armes Muskeln erschlafft, der *
Schenkel Sehnen versagen ihm den Dienst, und rettungslos versinkt er in dem Ab⸗
grunde, den er hätte noch ameiden koönnen. Doch der Tapfere behält den vollen
Gebrauch seiner physischen Stärke, er darf sich zur Zeit der Not auf seine gewohnte
Schnelligleit und Gewandtheit verlassen; ja der Anbuck der Gefahr scheint seine Kräfte
noch zu verdoppeln: und was er vorher nicht vermocht hätte, vermag er im Augen⸗ 0
hd der Entscheidung. Der Verfolger selbst ehrt seinen mutigen Gegner und bietet
ihm oft, wenn der Kampf sich wider ihn entschieden hat, Kben und Freiheit an,
während der Feige verächtlich dem Schwert der Knechte oder des Sklavenhüters Kette
überlassen wird. Der Zuschauer fühlt sich weit geneigter, helfend sein eigenes Gut
ind seine Sicherheit für den Tapferen aufs Spiel zu setzen, der sich hilft, solange z
er atmet, als für den Verzagten, der sich selbst verläßt.
56.1 So verliert der beflügelte Bewohner der Lüfte, wenn die Schlange, das
sammenhang verlangt, daß die Erwähnung des Autors mit Rücksicht auf das Thema geschehe. —
Die Erklärung Expositio). Das Zhema ist durch genaue Sinneserklärung des Ausspruches
sestzustellen. — 3) Die Begründung (eausae). Diese enthält den direlten Beweis der Wahr⸗
heit des Ausspruches; die Wahrheit wird auf Grunde zuruiggeführt oder aus Gründen abge—
lelet, die in dem Wesen der zu beweisenden Sache selbst legen. — 4) Der Gegensatg
traxium). Dieser enthält den idireen Beweis Die eutgegengesetzten Gründe ergeben mit Not⸗
wendigleit die entgegengesetzte Folge oder die entgegengeseßte Folge stützt sich mit Notwendigleit
w die minegenern Gunde. Nur die Wahrheit des richtig gewählten Gegensatzes ist ein Be⸗
weis für die Wahrheit des andern. 7 5) Das Gleichnis (Gmile). Die Wahrheit des Aus⸗
spruches wird durch Vergleichung mit etwas Ähnlichem veranschaulicht. Das Ähnliche muß einem
nbdeln Gebiete eninommen sein. — 6) Beispiele (exempia). Diese enthalten den faltischen
Beleg oder Rachweis für die Wahrheit des gegebenen Ausspruches. Nur geschichtlich wahre Er⸗
eignisse lönnen eine theoretische Wahrheit beleuchten. — ) Auss prüche anderer Schriftsteller
ober andere Sprichwörter beistimmenden Inhaltes (testimonia). Nur solche Sentenzen haben
Beweiskraft, die anerkannte Wahrheiten enthalten. —,9) Schluß (conclusio). Dieser faßt die
Hauptgedanken kurz zusammen und tnüpft an dieselben die entsprechende Nutzanwendung, die
nach der e — des Themas in einer Aufmunterung oder Warnung bestehen kann.
gKebrui. Kriebitzsch, Deutsches Lesebuch. II. 14. Aufl
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