Grimm.
75
hielt den Schwanz nach in der Höhe; beim zweiten mußte er ihn
einen Augenblick herunterlassen; beim dritten aber konnte er sich nicht
mehr halten, schrie und nahm den Schwanz zwischen die Beine. Wie
das die Tiere sahen, meinten sie, alles wäre verloren, und singen an
zu laufen, jedes in seine Höhle, und hatten die Vögel die Schlacht
gewonnen.
Da flog der Herr König und die Frau Königin heincin zu ihren
Kindern und riefen: „Kinder, seid fröhlich, esset und trinket nach Herzens¬
lust, wir haben den Krieg gewonnen!"
Die jungen Zaunkönige aber sagten: „Noch essen wir nicht, der
Bär soll erst vors Nest kommen und Abbitte tun und soll sagen, das;
wir ehrliche Kinder sind!" — Da flog der Zaunkönig vor das Loch
des Bären und rief: „Brummbär, du sollst vor das Nest zu meinen
Kindern gehen und Abbitte tun und sagen, daß sie ehrliche Kinder sind,
sonst sollen dir die Nippen im Leibe zertreten werden!" — Da kroch
der Bär in der größten Angst hin und tat Abbitte, und darauf setzten
sich die jungen Zaunkönige zusammen und aßen und tranken und
machten sich lustig bis in die späte Nacht hinein, Brüder Grimm.
143. vor große Hund.
Unten in der Wirtsstube einer kleinen Stadt saß der Bärenführer
und verzehrte sein Abendbrot; der Petz stand draußen hinter dem
Holzstoße angebunden, der arme Petz, der keiner Seele etwas zuleide
tat, wenn er auch grimmig genug aussah. Oben im Erkerzimmer
spielten beim Mondscheine drei kleine Kinder; das älteste war wohl
sechs Jahre, das jüngste nicht mehr denn zwei. Klatsch, klatsch!
kommt es die Treppe hinauf; wer mochte das sein ? Die Tür sprang
auf — es war der Petz, der zottige Bär. Er hatte sich gelangweilt,
da unten im Hofe zu stehen, und nun den Weg zur Treppe hinauf
gefunden. Die Kinder wurden über das große, zottige Tier so er¬
schrocken, sie krochen jedes in einen Winkel; aber er fand sie alle
drei, berührte sie mit der Schnauze, tat ihnen aber nichts.
Das ist sicher ein großer Hund, dachten sie, und dann streichel¬
ten sie ihn. Er legte sich auf den Fußboden. Der kleinste Knabe
wälzte sich oben drauf und spielte Versteck mit seinem goldgelockten
Köpfchen in dessen dickem, schwarzem Pelz. Kim nahm der älteste
Knabe seine Trommel, schlug, daß es nur so donnerte, und der Bär
erhob sich auf seine beiden Hinterfüße und begann zu tanzen; das
war allerliebst. Jeder Knabe nahm sein Gewehr, der Bär mußte
auch eines haben, und er hielt es ordentlich fest; das war ein präch¬
tiger Kamerad, den sie erhalten hatten, und nun gingen sie: eins,