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80. Oie Chemnitzer Industrie.
Lhemnitz liegt an dem gleichnamigen Bache da, wo dieser sich
anschickt, das nördlich vorgelagerte Weißsteingebirge zu durchbrechen,
und vorher langsam in erweiterter Talmulde ruhig dahinfließt. Zahl¬
reiche Vororte ziehen sich strahlenförmig, zum Teil in der Senkung
einzelner Nebenbäche der Lhemnitz, aufwärts und verraten durch
ragende Fabrikschlote von weit her ihre Lage zwischen den schützen¬
den Anhöhen. Gablenz auf der rechten Seite und Rappel auf der
linken Seite des Hauptbuches sind die bedeutendsten unter ihnen. Fast
verschmolzen mit der Stadt, bilden sie mit dieser ein großes Gebiet
der regsten gewerblichen Tätigkeit.
Das älteste und ehemals bedeutendste unter den Gewerben von
Lhemnitz und seiner Umgebung ist die Baumwoll-Industrie. Schon
früh spielte sie eine bedeutende Bolle, verschaffte der Stadt Ansehen
weit über die Grenzen Deutschlands hinaus und rechtfertigte die Be¬
zeichnung „Sächsisches Manchester", mit der man Lhemnitz belegte,
wie auch bei anderen Zweigen des Webwarengewerbes war es
ursprünglich die Hausindustrie, aus der sich dies große Gewerbe
entwickelte. In all den kleinen Bauernhäusern, aus denen sich die
in den Tälern und auf den Höhenrücken zerstreut liegenden Dörfer
des Erzgebirges und des Vogtlandes zusammensetzen, schnurrte und
klapperte von früh bis spät die Spinnmaschine oder der Webstuhl.
Ñus der Stadt bezog der Arbeiter die Rohstoffe oder das Garn, und
dorthin lieferte er später die fertige Ware ab. Besonders die Baum¬
wollspinnerei war die allgemein verbreitete Hausbeschäftigung der
Leute in dieser Landschaft.
Eine völlige Umwälzung in diese Verhältnisse brachte die Ein¬
führung der vielfältigen, durch Dampfkraft getriebenen Maschinen für
die Garnverarbeitung. Das in den Häusern betriebene Gewerbe war
damit in seinen Lebensbedingungen bedroht, und die Hausindustrie
wurde für die Folge mehr und mehr von der Fabriktätigkeit ab¬
gelöst. 1799 entstand die erste Maschinenspinnerei in Lhemnitz, und
ihr folgten bald andere. Schnell erweiterten sich diese ñnlagen und
waren bald imstande, mit ihren Erzeugnissen eine ehrenvolle Stellung
im Welthandel sich zu erobern.
Noch heute bildet die Spinnerei mit das bedeutsamste Gewerbe
in der Industrie von Lhemnitz, und der fremde Besucher wird gerne
seine Zeit und Aufmerksamkeit für einige Stunden den fesselnden
Vorgängen widmen, die er in diesen Großspinnereien vor seinen
Augen sich abspielen sieht. Mit Wißbegier beobachtet er, wie durch die
vielfältigsten Eingriffe und Arten der Behandlung aus der ungefügen
Rohbaumwolle schließlich die zarten, seidenweichen Fäden hergestellt
werden.
Bedeutsam steht neben der Spinnerei in Lhemnitz die Baumwoll-
weberei. Gleich ersterer hat auch sie die Wandlung von der Haus¬
industrie zur Fabriktätigkeit mit durchgemacht. Geradezu staunen-