Full text: Lesebuch für deutsche Jünglinge

v. Esmarch: Erste Hilfe bei Unglücksfällen. Kühn: Gesundheit und Sport. 89 
Unterschenkels zerbrachen und die scharfen Spitzen die Haut 
durchbohrten. örztliche Hilfe war weit entfernt; aber da 
von der Mannschaft mehrere den Samariterunterricht ge— 
nossen hatten, so machten sie Schienen aus zerbrochenen 
Fensterjalousien und befestigten diese sebr geschickt mit 
dreieckigen Tüchern, von denen jeder eines in der Tasche 
hatte. Dann wurde aus einer Stubentür eine Tragbahre her— 
gestellt, darauf der Verletzte vorsichtig gelagert und in dem 
ingeübten Gebirgsschritt bis in das weitentlegene Kranken- 
haus getragen. Der Mann hatte wvährend der Überführung 
keine nennenswerten Schmerzen, und die Arzte des Kranken-— 
hauses erklärten ausdrücklich, daß der vorläufige Verband zu 
ihrer vollsten Zufriedenheit angelegt worden sei. 
4. 
Die traurigen Folgen aber des Mangels einer solchen sach-— 
kundigen Hilfe zeigt der folgende Fall. 
Ein Arbeiter war spät in der Nacht auf der Pferdebahn 
nach Hause gefahren und hatte sich beim Abspringen von 
dem Wagen einen schweren Beinbruch zugezogen. Der Unfall 
ereignete sich in einem entlegenen Stadtteil, wo kein Arzt in 
der Nähe wohnte. Die Kameraden, die ihn begleiteten, wubten 
nicht, wie zu helfen sei. Hätten sie den Samariterunterricht 
genossen, so würden sie aus ihren Spazierstöcken, Schirmen, 
Schnupftüchern usw. einen Notverband hergestellt und den 
Verletzten auf der Strabe irgendwo in passender Stellung 
gelagert haben, bis einer von ihnen am nächsten Polizei- 
bureau eine Bahre oder einen Krankenwagen gefordert hätte. 
Statt dessen wurde die erste beste Droschke geholt, der Un- 
glückliche in den engen Raum hineingestopft und zunächst 
nach seiner Wohnung gefahren. Hier ist dann von einem 
Arzte ein Notverband angelegt und der Verletzte in das 
Krankenhaus gebracht worden, wo er sehr erschöpft und 
ohne Bewubtsein angelangt und am dritten Tage gestorben 
ist. Ohne Zweifel ist durech die Überführung in der engen 
Droschke und ohne einen den gebrochenen Knochen fest- 
stellenden Schienenverband die Verletzung sehr verschlimmert 
worden. EFr. v. Esmarch. (Gekũrzt.) 
79. Gesundheit und Sport. 
Daß das Turnen der Gesundheit im höchsten Grade förderlich 
ist; das ist eine allgemein anerkannte Tatsache. Darum wird es 
auch in allen Schulen gepflegt; darum sollte aber auch der Jüng—
	        
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