100
darunter hinweg wie eine Henne unter der Gartentüre und drängte sich
dann ohne Umstände mitten durch die Versammlung, bis er vor dem
Bischof stand, dein er den Saum seines Kleides küßte. Seine Mütze, an
der nicht viel zu verkrüppeln war, nahm er zwischen die Kniee, drei vier¬
eckige und zolldicke Schieferplatten, eine blaßgelbe, eine blaugraue und
eine marmorierte, nahm er aus der Schürze, womit sie umwickelt waren,
und legte sie auf die Tafel. Sie waren noch naß; denn er hatte sie erst
in den Dombrunnen getaucht. Desto mehr aber glänzten die geschlissenen
Seiten und zeigten, wie schön die Steine erst dann würden, wenn eine
kunstgeübte Hand darüberkäme.
Seine Ware zu empfehlen, meinte der Knabe, sei nicht nötig,
sondern er schaute nur einem von den Umstehenden nach dem andern ins
Gesicht und wischte sich mit der Schürze den Schweiß von der Stirne.
Als aber der Bischof anfing ihn zu fragen, antwortete er munter und
sprach: „Ich gehöre dem Sandweib von Solenhofen und die Steine habe
ich auf dem Berge hinter dem Kloster gemacht. Und wenn Ihr noch mehr
brauchet, so dürft Ihr mir nur Eure Steinhauer mitgeben, so will ich
ihnen zeigen, wie sie es ansangen müssen."
Denn der Knabe war Benedikt, unser Ziegenhirtlein. Er hatte nach
der Abendsuppe, bei der ihm seine Mutter von der neuen Kirche in
Eichstätt erzählte, nicht geschlafen, sondern ein Gedanke, der ihm unter
dem Essen gekommen war, trieb ihn durch die Hintertüre hinaus auf
den Berg, wo seine Steine lagen, und von da mit ihnen in der mond¬
hellen Nacht gen Eichstätt, wohin er Pen Weg genau kannte von dem
Sandhandel her. Seine Mutter erschrak freilich, als sie ihn in aller
Frühe wecken wollte und das Nest leer fand. Und sie konnte nicht einmal
gehen ihn zu suchen oder ihm nachzufragen; denn die Ziegen waren schon
alle aus den Ställen gelassen und standen meckernd auf der Gasse oder
naschten von den Blumenstöcken vor den Fenstern des Pfarrhauses.
Wohl oder übel mußte sie tun, als wäre ihr Benedikt krank. Sie nahm
Geißel und Stecken und trieb das Vieh selbst auf den Berg, wo sie den
langen, langen Tag unter vergeblichem Warten und Sorgen zubrachte.
Aber als sie abends hinter der gehörnten Schar das Dorf herunter¬
ging, kamen einige Maultiere herauf ihr entgegen. Und auf dem vordersten
saß ihr Benedikt hinter einem Knechte des Fürstbischofs und zwar so
munter, daß die Witfrau sogleich sah, es müsse ihm den Tag über nicht
schlecht gegangen sein.
Und so war es auch. Der Bischof hatte sich sogleich für die Pflaster¬
steine des Sandbuben entschieden und die fremden Steinmetzen wieder
in ihre Heimat entlassen, den Knaben aber mit sich in sein Haus ge¬
nommen, gespeist und versichert, daß er für ihn und seine Mutter sorgen
wolle. Dann hatte er ihn mit dem Baumeister, der das Steinlager unter¬
suchen sollte, nach Solenhofen zurückgehen lassen.
Der Bischof hielt Wort. Nachdem Benedikt bei einem Meister
Steinmetz in Eichstätt in der Lehre gewesen war, ließ er sich in Solen¬
hofen nieder und hatte fortwährend so viele Bestellungen an Pflaster-