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zu fragen, wie ihm denn der Gedanke gekommen sei, hier seine
Diorgenandacht zu halten.
8. „Das will ich euch wohl sagen, ihr lieben Leute," antwortete
er, indem er uns beib-e bei der Hand nahm. „Gestern Abend sollte
ein verlorener Posten ausgestellt werden, nur mitten unter den umher¬
schweifenden Patrouillen den Feind auf einen: gewissen Punkte zu
beobachten. Jeder von uns wußte, was die Sache auf sich hatte.
Unser Rittmeister fragte nach Freiwilligen; niemand bezeugte Lust.
Endlich ritt ich vor, und meine drei Jungen konnten ja wohl den
alten Vater nicht allein lassen. —
Er braucht es nicht zu wissen, Herr Schulmeister, wie wir es
anfingen; — genug, wir schlichen uns durch und hielten die ganze
Nacht auf einer buschigen Anhöhe. Links und rechts blitzte es um uns
her; wir sahen bald hier, bald dort feindliche Mannschaften. Nicht
meinetwegen — denn wie lange werde ich noch reiten? — sondern
nur wegen meiner Söhne seufzte ich in der finstern Nacht: Herr, er¬
halte uns!
9. Kaum hatte ich es heraus, als es anfing zu dämmern, und
der Morgenstern mir ins Auge blitzte. Wie schön, leuchtet der
Morgenstern! fiel mir in diesem Augenblicke aus meiner Jugendzeit ein.
Gar manches, was ich seitdem getan hatte, und was wohl nicht allemal
recht war, hing sich wie eine Bleilast daran. Ich rechnete nach, seit
wieviel Jahren ich in keine Kirche mehr gekommen war, und ich tat
das Gelübde, wenn ich diesmal davonkäme, wieder einmal eine Andacht
zu halten.
Das habe ich denn nun getan, und Er kann wohl denken, ob
mir's zu Herzen ging, als wir sangen: Du Herr bist's, der mich diese
Nacht durch deine Engel hast bewacht!"
Mit diesen Worten setzte er sich auf und ritt davon.
Heinrich.
83. Keilers Morgengesana.
leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen,
dann muß ich mein Leben lassen,
ich und mancher Kamerad.
. . . J