Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Handels- und Realschulen

79 — 
an Stelle der ruhigen Betrachtung. Wir fühlen uns mit fortgerissen 
und fragen nicht viel, was wir zu beiden Seiten des Weges erschauen. 
Der Luftzug weht uns frisch entgegen, und wir atmen ihn mit Lust in 
vollen Zügen. L. Passarge, Schweden, Wisby u. Kopenhagen, 1867. 
17. Kabeljaufang bei Lofoten. 
Hervorragend durch die wilde Schönheit ihrer Szenerie liegt, vom 
warmen Golfstrom umspült, jenseits des Polarkreises, zwischen 670 und 690 
nördl. Br. die Inselgruppe der Lofoten. Gleich einer gewaltigen Riesen⸗ 
mauer steigen die starren Riesenwände aus den ungestüm brandenden 
Wogen empor, und klar und deutlich heben die phantastisch geformten, 
nadelgleichen Spitzen und Zacken vom heiterblauen Himmel sich ab, wie 
aber, je weiter man sich von ihnen entfernt, der sie umfließende Purpur— 
glanz matter und matter wird, so erscheinen sie dem bewundernden Auge 
vie eine blendende Vision. Kein Wunder daher, daß in alten Zeiten 
die Seeleute die Inseln — köstliche Schaustücke aus dem reichen Schatz⸗ 
kästlein der See — mit einem Gefühl scheuer Ehrfurcht betrachteten und 
die feste Überzeugung hegten, daß sie nur ihrer unvergleichlichen Schön⸗ 
heit wegen an der Südseite durch den Malström vor jeder Annäherung 
gewöhnlicher Sterblicher geschützt seien. 
Von den Inseln selbst genießt man einen herrlichen Ausblick nach 
dem Festlande, seinen endlos sich dehnenden Gletschern und den von 
ewigem Schnee umhüllten Bergen mit den stolz zum Himmel ragenden 
Gipfeln und Zinnen, und nirgends bietet der Sonnenuntergang ein so 
prächtiges Bild wie hier, im Frühling leuchtend in heller Glut wie ein 
Sinubild ewiger Jugend, im Herbste dagegen, wie in Vorausahnung 
des nahenden Winterschlummers der Natur, alles ringsum mit mattem 
Goldschimmer verklärend. Im Sommer überflutet das Licht der 
Mitternachtssonne die hohen Bergspitzen wie die silberglitzernden Meeres 
wogen mit hellem Scheine, im Winter aber umtoben furchtbare Schnee— 
stürme die himmelanstrebenden Gipfel, und zornig wälzen sich die 
brandenden Wogen gegen die starren Felsenmauern; dann und wann 
indes wölbt sich der Himmel auch in heiterer Bläue über den von 
schneeigem Gewand umhüllten Eilanden, und in sternklaren Nächten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.