Contents: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde

Siedpunkt. 
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man nur eine Flasche mit Wasser von etwa 75" Rvaum. unter den Reci- 
pienten einer Luftpumpe bringen, und das Wasser wird sieden, ehe noch 
der Reeipient geleert ist, weil ein geringerer Druck auf die Flüssigkeit aus¬ 
geübt wird. Dasselbe Resultat kann noch auf eine andere Weise erzielt 
werden. Man koche eine kleine Quantität Wasser in einer dünnen Flasche. 
Während der Danipf abgeht, entkorke nian die Flasche und entferne sie 
von der Wärmequelle. Das Sieden wird beinahe augenblicklich aufhören. 
Taucht man jedoch die Flasche in kaltes Wasser, so wird eö von Neuem 
beginnen. Dieses merkwürdige Resultat wird durch die Verdichtung des 
Wasserdampfes bervorgebracht, der die Bildung eines leeren Raums über 
der Flüssigkeit erzeugt, und da der Siedpunkt durch die Entfernung des 
äußern Drucks gefallen ist, wird das in der Flasche enthaltene Wasser 
von Neuem wieder in einen Zustand des Siedens versetzt? 
Aus diesen Experimenten und Thatsachen folgt als nothwendiges 
Resultat, daß ein vermehrter Druck deu Siedpunkt erhöhen werde. Die 
Temperatur, bis zu welcher das Wasser gesteigert werden kann, ist unbe¬ 
grenzt , die Beschränkung ausgenommen, welche aus der Quantität des 
Druckes entspringt. Das Wasser kann in der That bis zur Rothglühhitze 
erwärmt werden, ohne daß es siedet. 
Diese Ergebnisse stehen in enger Verbindung mit den von Reisenden 
gefundenen Resultaten. Diejenigen, welche Gebirgsgegenden besuchten, 
haben häufig die Beobachtung gemacht, daß der Siedpunkt der Flüssig¬ 
keiten im Verhältniß mit der Aöhe des Orts über der Meecessiäche wech¬ 
selte. Aus dem, was wir bereits in Betreff der Atniosphäre gesagt haben, 
wissen wir, daß der Druck auf dem Gipfel eines Gebirgs geringer ist, als 
in den Ebenen am Fuße desselben. Folglich wird auch der Siedpunkt der 
Flüssigkeiten niedriger stehen. Dieser Satz ist auch umgekehrt wahr, und 
ln tiefen Bergwerken muß der Siedpunkt im Verhältnisse steigen. 
Wie beim Prozeß der Verdampfung eine große Quantität Warme 
mit den Körpertheilchen verbunden seyn muß, so muß eine eben so große 
Quantität durch die Dämpfe abgegeben werden, wenn sie wieder in einen 
flüssigen Zustand zurückkehren. Der von einem Kubikzoll Wasser erzeugte 
Dampf wird einen Raum von 117 Kubikzoll einnehmen. Die ganze la¬ 
tente Wärme, die er enthält, muß aber entfernt werden, ehe er zur 
Flüssigkeit verdichtet werden kann. 
Die Gelehrten haben einen Unterschied zwischen Danipf und Gasen 
gemacht, obgleich die Analogie ihrer physikalischen Zustände groß genug 
ist, um die Annahme zu rechtfertigen, daß sie denselben Ursprung haben. 
Die Gase wurden wahrscheinlich unter der Voraussetzung von den Däm¬ 
pfen getrennt, daß sie nie die flüssige Form annehmen könnten. Man
	        
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