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Stadt Worms brachte einen alten Filzhut, den sie immer wieder
einlõöste, so daß derselbe viele Jahre ein Zeuge dieser Zeremonie
gewesen war.
Nachdem der Gesandte seine Anrede gehalten, das Geschenb
abgegeben, von dem Schultheißen die Versicherung fortdauernder
Begũunstigung empfangen, entfernte er sich aus dom geschlosse-
nen Rreise, die Pfeifer bliesen, der Zug ging ab, wie er gekommen
war, das Gericht verfolgte seine Geschäfte, bis der zweite und
endlich der dritte Gesandte eingeführt wurden: denn sie kamen
erst einige Zeit nacheinander, teils damit das Vergnügen des Publi-
kums länger dauere, teils auch weil es immer dieselben altertüm-
lichen Virtuosen waren, welche Nürnberg für sich und seine Uit⸗
stãdte zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und Stelle zu bringen
übernommen hatte.
WVir Kinder waren bei diesom Veste besonders interessiert,
weil es uns nicht wenig schmeichelte, unsern Großvater an einer
so ehrenvollen Stelle zu sehen, und weil wir gewöhnlich noch
selbigen Tag ihn ganz bescheiden zu besuchen pflegten, um, wenn
die Großmutter den Pfeffer in ihre Gewürzladen geschũttet hãtte,
einen Becher und Stäbehen, ein Paar Handschuhe oder einen alten
Rãderalbus zu erhaschen. Man konnte sich diese symbolischen, das
Altertum gleichsam hervorzaubernden Zeremonien nicht erklären
lassen, ohne in vergangene Jahrhunderte wieder zurũekgefũhrt
zu werden, ohne sich nach ditten, Gebräuchen und Gesinnungen
unserer Altvordern zu erkundigen, die sich dureh wieder auf
erstandene Pfeifer und Abgeordnete, ja dureh handgreifliche und
für uns besitzbare Gaben auf eine so wunderliche Weise vergegen
wãrtigten. Aus Goethes , Vahrbeit und Diehtung
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128. Die Leipziger Messen.
Seit dem frühesten NMittelalter entstanden an vielen wiohti-
geren Orten Deutschlands Jahrmärkte. Auf ihnen konnten die
fremden Händler und Gewerbetreibenden unter dem Schutze der
Marktfreiheit und des Marktfriedens ihre Waren feilbieten. Aus
den Jahrmärkten entwickelten sich an manchen Plätzen allmäh-
lich Messen, Märkte, die vorwiegend Umsätze im großen ver—
mittelten und Verkäufer und Käufer aus größeren Entfernungeh
zusammenführten, so auch in Leipzig, wo sich deren drei aus
bildeten, eine Neujahrsmesse, eine Osstermesse und eine Nicha-
elismesse.