Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

Der Staat. 
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Besteuerte). Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Urwähler ist 
jeder Preuße, der 20 Jahre alt und selbständig ist, sich im Vollbesitz 
der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, keine öffentliche Armenunterstützung 
erhält und mindestens 6 Monate in der Gemeinde wohnhaft ist. 
Wählbar zum Abgeordneten ist jeder Preuße, der 30 Jahre alt, im 
Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte und bereits seit einem Jahre 
preußischer Staatsangehöriger ist. Jedes Mitglied des Abgeordneten— 
hauses erhält außer den Reisekosten täglich 15 Mark, auf welche ein 
Verzicht nicht statthaft ist. An der Spitze der Staatsverwaltung steht 
der Konig. Ihm steht als oberste beratende Behörde ein Staatsrat 
zur Seite, welcher sich aus den Prinzen des königlichen Hauses, den 
Feldmarschällen, den aktiven Staatsministern und anderen vom König 
berufenen Staatsdienern zusammensetzt. Die Zentralbehörde für die 
Staatsverwaltung ist das Staatsministerium, zu welchem die 
Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des Kriegs, des Innern, 
der öffentlichen Arbeiten, der Finanzen, der geistlichen, Unterrichts- 
und Medizinalangelegenheiten, der Minister für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsien, der Justizminister und der Minister für Handel und 
Gewerbe gehören. Die Minister sind dem Volke verantwortlich. 
Von dem Staatsministerium getrennt ist das Ministerium des könig— 
lichen Hauses. 
Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unab— 
hängige Richler, welche sich nur nach dem Gesetze zu richten haben, aus⸗ 
geübt. Alle Staatsbeamte haben dem Könige den Eid der Treue und 
des Gehorsams zu leisten und die gewissenhafte Beobachtung der Ver— 
fassung zu beschwören. 
Dem preußischen Volke sind durch die Verfassung folgende Rechte 
zugesichert: Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte 
finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind allen Befähigten gleich 
zugänglich. — Die persönliche Freiheit ist gewährleistet — Die Wohnung 
ist unverletzlich. Das Eindringen in diese und Haussuchungen, sowie 
Beschlagnahme von Briefen und Papieren sind nur in den gesetzlich 
bestunmten Fällen und Formen statthaft. Niemand darf seinem gesetz— 
lichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sind deshalb unzu— 
lässig. — Strafen können nur, soweit sie in einem Gesetze (nicht durch 
bloße Verordnung) angeordnet sind, angedroht und verhängt werden. 
— Das Eigentum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des 
öffentlichen Wohls gegen Entschädigung entzogen oder beschränkt werden. 
Die Freiheit der Auswanderung kann von Staatswegen nur in 
Bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden. — Die Freiheit des re— 
ligibsen Bekenntnisses und der Vereinigung zu Religionsgesellschaften 
wird gewährleistet. — Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürger— 
lichen Rechte ist unabhängig von dem Religionsbekenntnisse. — Die 
Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Für die Bildung der Jugend 
soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und 
deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder nicht ohne den Unterricht lassen, 
welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Unterricht
	        
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