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Saat. Sie wuchs empor, trieb Halme und Ähren und blühte
zur Sommerszeit. Des Himmels Thau hat sie erquickt,
und Engel hüteten das wogende Getreide.
Fröhlich Leben war im Ährenfeld. Früh und spät er¬
klangen Lieder um die Halme her: die Lerche schwang sich
aus dem Feld empor und jubelte, die Wachtel schlug vom
Morgen bis zum Abend im Getreideacker; auch das Heim¬
chen hat den Halmen gesungen, und die Lüftchen haben sie
des Nachts gewiegt. So nahete die Ernte. Da erklang die
scharfe Sichel; die Halme fielen; die Garben wurden heim¬
gefahren, und reicher Segen kam in jedes Haus.
Die Tenne erklang darauf vom Drescherschlag; die
Mühle klapperte, das Korn zu mahlen; der Stein zerrieb es
zu feinem Mehl. Nun musste dieses durch das Wasser gehen,
durchsäuert und geknetet werden und hatte endlich noch die
Probe in des Ofens Hitze zu bestehen. — Nun liegt das
Korn der goldnen Ähre als täglich Brot auf unserm ¡Tische.
Preis dem Geber, der uns alle nährt! Hotz.
Räthsel.
Ich bin das Nützlichste für dich wohl auf der Erde;
doch gleichet dem auch nichts, wie ich gemartert werde. Den
Prügel und das Rad hab’ ich erst auszustehn, ich muss
durchs Wasser jetzt und dann durchs Feuer gehn; und alles,
was man mir nur Hartes angethan, beschliesst das Messer und
der Zahn.
118. Sprichwörter.
An Gottes Segen ist alles gelegen. Fleiss bringt Brot,
Faulheit Noth. Keine Rose ohne Dornen. Auf Regen folgt
Sonnenschein. Steter Tropfen höhlt den Stein. Wer den
Kern haben will, muss die Nuss knacken. Allzuviel ist
ungesund. Wer im Sommer schläft, muss in der Ernte
darben. Arbeit schändet nicht.