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anstalt für Landwirtschaft und verlegte sie 1804 auf Einladung der
preubischen Regierung, velebhe die hobe Bedeutung dieses landwirt-
schaftlichen Reformators erkannte, nach Möglin bei Potsdam. Hier
wirkte er nun, trotz der Not der Zeit und oft hart mit derselben
kämpfend, mit grobartiger Kraft und ganz gewaltigem Erfolge bis zu
seinem Tode 1828.
Er lehrte vor allen Dingen, dab der Landwirt genau rechnen
mũsse, um sich einen richtigen Einblick in seine ganze Wirtschaft
zu verschaffen; dadureh lerne er den Wert der Arbeit und der Pro—
dukte, die Vorteile neuen oder alten Verfahrens, die Notwendigkeit von
Verbesserungen genau abvägen. Um sich jederzeit über den Stand
des Betriebes und über dessen Erfolge ins Klare zu setzen, sei die
stete Führung eines Tagebuches vonnöten. «Ohne Tagebuch», sagte
Thaer, «kann keiner sich mit Sicherheit über den Schlendrian er—
heben, keine allmählichen und festen FPortschritte machen, sich selbst
und andern keine Rechenschaft ablegen, ob er in der nachhaltigen
Verbesserung seiner Wirtschaft vorwärts gekommen ist oder nicht.
Er wird sich keine wahre Erfahrung sammeln, sondern nur Meinungen
über dieses oder jenes annehmen und zwischen solchen hin und her
schwanken.» Mit grobem Nachdruck lehrte er die Vorzüge der
Stallfũütterung, und in dem letzten Jahrzehnt seines Lebens gründete
er eine Schäferei und zeigte thatsächlich, bis auf welchen vorher kaum
geahnten Punkt die VWollyeredelung gebracht werden könne.
UÜberhaupt gab es keinen Teil der Landwirtschaft, in den der
grobe Thaer nicht mit seinem Scharfsinn eingedrungen wäre, wo er
nicht Licht und Erkenntnis verbreitet und klare Grundsätze an die
Stelle schwankender Meinungen und unsichern Herumtastens gesetzt
hätte. Sein Hauptwerk: «Grundsätze der rationellen Landwirtschafto,
ein Buch, das sich über ganz Europa verbreitete, ist die Grundlage
unserer neueren Landwirtschaft geworden und hat eine völlige Um-
gestaltung der frühern Zuständee bewirkt. Dies erkannten auch die
deutschen Landwirte und setzten ihm aus Dankbarkeit im Jahre 1850
in Leipzaig ein schönes Denkmal.
56. Der Regenwurm.
Ein Wurm! — das Bild der Hilflosigkeit, der Unvollkommenheit und
der Verachtung. Das Niedrige und Gemeine vergleichen wir mit dem Wurme,
der sich im Staube krümmt, und empfinden vor ihm meist das Gefühl des
Abscheues und des Mißbehagens. Aber auch unter den Tieren haben die
Würmer Feinde in noch größerer Zahl. Unter den Vierfüßern sind be—
sonders die Maulwürfe, Spitzmäuse und Igel auf sie angewiesen. Zahllos
ist das Heer der Vögel, das auf ihre Vertilgung bedacht ist, da nicht bloß
Raub⸗, Sumpf- und Schwimmvögel, sondern selbst Körnerfresser sie für
einen leckeren Bissen halten. Die Kröten, Salamander und Molche lauern