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Nicht in der Sorge um die Nachkommenschaft allein, sondern auch zur 
Erwerbung ihrer Nahrung bedürfen alle Tiere einer tüchtigen und oft sehr 
anstrengenden Arbeit. Und für dieselbe hat die Natur fie meistens mit den 
trefflichsten Werkzeugen ausgestattet. Hier zunächst ein Beispiel noch aus den 
Reihen der Kerbliere. Im losen, dürren Sande, dicht am öden Kiefernwalde, 
bemerkt man oft zahlreiche trichterförmige Grübchen, in deren Grunde man bei 
näherer Untersuchung jedesmal ein sonderbares, anscheinend unbeholfenes Ge— 
schöpf findet. Dies ist der sogenannte Ameisenlöwe, die Larve eines Kerb— 
tieres, Ameisenjungfer genannt. Rückwärts schaufelnd, weiß das Tier eine richtige 
Mördergrube anzufertigen, auf deren Grunde es, im Versteck sitzend, auf Beute 
lauert. Sobald nun ein kleines Tierchen, eine Ameise, Spinne, ein Käfer 
oder dergleichen in die Nähe kommt und vorüber will, schleudert der Ameisen⸗ 
löwe von unten herauf nach demselben eine Menge Sand, wodurch das Tier 
leicht an der steilen Wand herab in die Grube gleitet. Hier wird es dann, 
oft erst nach hartem Kampfe, wobei das Steinwerfen die Hauptwaffe des 
versteckten Bösewichts bildet, überwunden und ausgesogen. Den leeren Balg 
schleudert er zuletzt weithin über den Rand der Grube hinaus. 
Die in jeder Hinsicht seltsamen Geschöpfe, welche man Kriechtiere oder 
Amphibien nennt, lassen am wenigsten eine regelmäßige Tätigkeit wahrnehmen. 
Ihr Wesen besteht in einem wunderlichen Gemisch von stumpfem, teilnahms— 
und bewegungslosem Dahinstarren, in ganz unbestimmten Zeiträumen ab— 
wechselnd mit blitzschnellen und hurtigen Bewegungen. Diefe gelten dann 
beinahe immer der Ernährung und find daher als die eigentliche Arbeit 
des Tieres anzusehen. Manche Kriechtiere sind dagegen auch immerwährend 
lebhaft und, wie z. B. die flinken Eidechsen, als fehr tüchtige Jäger an— 
zusehen; ja selbst der durch unerschütterliche Ruhe bekannte und auch in seinen 
gewaltigen Sprüngen immer gleichmäßig bedächtige Frosch entwickelt zuweilen 
eine ungemeine Lebhaftigkeit und Gewandtheit, mit der er dann auf der Jagd 
nach Fliegen, Regenwürmern usw. natürlich ebenfalls für seinen Magen sorgt. 
Unter den Fischen aber gibt es wiederum Arbeiter im wahren Sinne 
des Wortes. Wir haben in unseren deutschen Gewässern ein Fischchen, welches 
ein wirkliches Nest erbaut. Es ist der verbreitete Stichling, der Holzstückchen, 
leine Steinchen, Gräser und dergleichen mit seinem zähen Schleime zu— 
sammenleimt, zu einer vorn und hinten offenen Kugel formt und dann mit 
feinem Sand überschüttet. Dieser kunstfertige Meister ist jedesmal ein 
Männchen, und in das fertige Nest legen mehrere Weibchen ihre Eier, welche 
er sorgsam bewacht und verteidigt. Auch unter den Fischen in fremden 
Ländern gibt es mehrere solche geschickte Baukünstler. 
Als die emsigsten Arbeiter und die hervorragendsten Künstler zugleich 
sind aber unter allen Tieren die Vögel anzusehen. In manchen natur— 
geschichtlichen Werken werden dieselben daher auch in Hinsicht der Verschieden— 
artigleit ihres Nestbaues als Handwerker dargestellt, indem man sie als 
Maurer, Minierer, Korbflechter, Schneider, Weber, Filzmacher, Zimmerer, 
Plattformbauer und Dombauer oder Mooswölber einteilt. 
Zu den Maurern gehört die schöne und nützliche Hausschwalbe, welche 
bekanntlich aus feuchter Erde ein sehr künstliches Nest in der Gestalt des 
vierten Teiles einer Kugel formt und am Gesims oder an andern passenden 
Orten anklebt. Der Haltbarkeit wegen wird die Masse mit Strohhalmen 
durchzogen. Weniger zierlich in der Form und auch unordentlich im ganzen
	        
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