Object: Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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Steinen, die durch ein Rad gespannt wurden. Weil der dazu gebrauchte 
Feuerstein auch Flins Hieß, so bekam das ganze Gewehr hiervon den 
Namen Flinte. Um diese neue Waffe zugleich als Stoßwaffe zu ge- 
brauchen, wurde später an der Mündung derselben ein Seitengewehr an- 
geschraubt, welches von der Stadt Bajonne, im südwestlichen Frankreich, 
wo diese Erfindung aufkam, den Namen Bajonett erhielt *) 
Jedoch wurden jene neuen Kriegsmaschinen im Felde anfangs wenig 
gebraucht. Sie galten für heimtückische Waffen, die sich für einen ehr- 
lichen Krieger nicht schickten. Besonders eiferten die Ritter gegen die 
höllische Erfindung, wie sie dieselben nannten. Denn was half 
ihnen jetzt all' ihre Kraft und Gewandtheit, was die trefflichsten Waffen 
und Rüstungen, da ein Fingerdruck aus weiter Ferne sie dahinstrecken 
konnte. Sie legten Lanze und Schwert nieder, als gemeine Fußknechte 
mit Musketen und Kanonen sich ihnen entgegenstellten. Von nun an 
verrichteten Soldtruppen, die deshalb auch den Namen Soldaten erhiel- 
ten, den Waffendienst. In den einzelnen Staaten bildeten sich aus 
diesen allmählich stehende Heere, zunächst in Frankreich, wo stehende 
Kompagnieen, gens d'armes genannt, den Anfang dazu machten. Von 
nun an mußten gegen die „Artillerie" **) festere Mauern, breitere Grä- 
ben, haltbarere Außenwerke bei den zu verteidigenden Plätzen an- 
gebracht werden. Die Schlachten selbst waren im ganzen weniger blutig 
und wurden mit weniger persönlicher Erbitterung geführt, als in frü- 
Heren Zeiten, wo Mann auf Mann grimmig einHieb. Die Entscheidung 
eines Kampfes hing jetzt nicht so sehr ab von der Anzahl der Streiter 
und ihrer Körperkraft, als von der Gewandtheit der Anführer. Die 
Kriegskunst wurde zu einer besonderen Wissenschaft, die viele Kenntnis 
*) In neuerer Zeit traf man an dem Schlosse solche Vorkehrungen, daß 
i das Gewehr nicht mehr mittels eines' Feuersteines, sondern einfacher und ftche- 
' rcr mittels eines Zündhütchens abgefeuert wurde. Dieses sogenannte Per- 
eufsiousgewehr ist eine Erfiuduug des Engländers Forsythe (1807). 
Das jetzige „Znndnadclgewehr" dagegen, welches besonders weit und sicher 
trägt und feine Laduug nicht mehr von oben, fondern unten in den Lauf ein- 
- gelegt erhält — weshalb es auch Hinterladungsgewehr genannt wird — ist 
>< eilte deutsche Erfindung. Es wurde (1845) von Dreysse in Sömmerda (bei 
; Erfurt) erfuudeu. — Auch die neuen .gezogenen Kanonen" — eine Er- 
r sindung des Kaisers Napoleons III. — bekommen ihre Ladung unten und 
' schießen außerordentlich weit und sicher. 
**) Nicht von dem lat.: ars tolendi (sc. glöbos) d. i. Kuust zu schießen 
- (nämlich Kugeln), sondern eine Weiterbildung des einfachen Wortes ars.
	        
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