Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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aßen und tranken miteinander, so daß Allen fäßten, es wäre ein Freund¬ 
schaftsbund geschlossen. Aber dieser Schein währte nicht lange; denn kurz 
nachher berief Chlodwig eine Versammlung seiner Getreuen nach Paris. 
Der Frankenkönig als katholischer Fürst sprach zu den Seinen: „Es 
schmerzt mich, daß diese Arianer noch einen so großen Theil Galliens inne 
haben. Laßt uns gegen sie ausrücken, und wenn wir mit Gottes Hülfe 
diese Ketzer besiegt haben, wollen wir ihre Länder unter uns theilen!" Da 
stimmten Alle bei; auch die Königin Chlotilde ermunterte ihren Gemahl 
zu dem Unternehmen, denn sie meinte, Gott würde Wohlgefallen daran 
haben. Der kriegerische Chlodwig faßte mit starker Hand seine Streitaxt 
und schleuderte sie weithin mit den Worten: „Wo meine Franziska (so 
hieß die Streitaxt) niederfällt, will ich eine Kirche zur Ehre der'heiliaen 
Apostel erbauen!" 
Die Katholischen im Reiche der Westgothen wollten lieber dem Chlod¬ 
wig als dem Alarich Unterthan sein und erwarteten mit Freude die An¬ 
näherung des fränkischen Königs.' Als Chlodwig in das Gebiet von Tours 
kam, gebot er, aus Ehrfurcht vor dem heiligen Martin von Tours, daß 
Niemand etwas Anderes als Gras und Wasser daselbst nehmen sollte. 
Einer von den Franken fand einen Haufen Heu und sprach: „Wir sollen 
nur Gras nehmen, aber dies ist auch Gras und ich übertrete das Gebot 
des Königs nicht, wenn ich es nehme!" Darum entriß er es mit Gewalt 
dem armen Manne, der sein Eigenthum schützen wollte. Die Kunde davon 
gelangte zum König, welcher zornig sprach: „Wo bleibt die Hoffnung des 
Sieges, wenn der heilige Martin beleidigt wird?" Mit diesen Worten 
schlug er den Franken nieder. 
Alsdann schickte er einige seiner Begleiter voraus, gab ihnen Geschenke 
mit für die Kirche, in welcher die Gebeine des heiligen Martin begraben 
lagen, und sprach zu ihnen: „Gehet voraus, ob ihr vielleicht eine Weissagung 
des Sieges in dem heiligen Gebäude vernehmet." Als die Diener des 
Königs in die Kirche traten, vernahmen sie die Worte des Psalms: „Du, 
o Herr, hast mich mit Kraft zum Kriege umgürtet, du hast die Feinde 
mir unter die ^üße gethan, ihren Rücken hast du mir preisgegeben und 
die mich hassen, hast du zu Falle gebracht!" Da freueteu sie sich über 
diese Worte von glücklicher Vorbedeutung und kehrten wieder um, dem 
Könige die srohe Botschaft zu verkünden. Voll Vertrauen auf den Sieg 
zog dieser weiter fort, bis er an den Fluß Vienne kam; dieser aber war 
angeschwollen und die Franken wußten nirgends eine Furt. Sie verweilten 
die Nacht am Ufer; am andern Morgen erblickten sie einen Hirsch von 
wundersamer Größe, der zum Wasser herabstieg. Das Thier watete durch 
den Fluß und daran erkannten die Franken die Furt. 
es- v Nähe von Poitiers kamen, sahen sie von fern auf der 
Kirche des heiligen Hilarius ein Licht leuchten und schrieben das dem Hei* 
Itgen zu, der ihnen den Sieg über ihre Feinde verleihen wollte. Chlod¬ 
wig bedrohete aber auch hier das fränkische Heer, daß Niemand es wagen 
e' irQeno Etwas zu nehmen, was ihnen nicht zukäme. Die Bewohner 
Grube. Geschichtsbilder. U. „
	        
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