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5. Ich singe, wie der Vogel singt,
Der in den Zweigen wohnet;
Das Lied, das aus der Kehle dringt,
Ist Lohn, der reichlich lohnet.
Doch darf ich bitten, bitt' ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
In purem Golde reichen.“
6. Er setzt' ihn an, er trank ihn aus:
„O Trank voll süßer Labe!
O, wohl dem hochbeglückten Haus,
Wo das ist kleine Gabe!
Ergeht's euch wohl, so denkt an mich
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke.“
Johann Wolfgang von Goethe.
86. Die deutschen Städte im Mittolaltor.
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Das Aussehen der Stadte um das Jahr 1300 darf man nicht
mit ihrem heutigen vergleichen. Ner am Morgen in ein Tor hineinzog,
begegnete sicher dem Stadtvien. Denn der Bürger trieb auch Landbau,
eb die vornehmen Hauser hatten in engem Hofraume Viebställe;
Sclweine liefen in den Straben umher und fuhren auch wohl in die
Hauser hinein, sich ihre unsaubere Nahrung zu suchen; auf abge—
legenen Platzen lagerten große Dungerhaufen. Die Hauptstraben der
nelkmen Städte waren hier und da gepflastert; aber selbst in
Frauifurt warden noch um 1400 die Hauptwege nur durch Sand
und Heine Steine gebessert, und für die Domberren var es eine
genũügende Entschuldigung ihres Ausbleibens bei Versammlungen,
qab lor Strabenschmutz zu arg sei. Wer bei sehlechtem Wege
usging, fuhr in sehwere Holzschuhe; von den Ratsherren wurde
gefordert, dab sie diese vor der ditzung auszogen.
uf den Straben fand man häaufig Brunnen mit Bolle, Rette
und Pimer; die Bache leitete man gern langs der hinteren deite
der Höfe; denn die Gerber, Weber, Farber und Wollspinner siedelten
am Wasser. Wo es laufende Brunnen gab, standen Schöpftröge von
dtein und Metall daneben und an passenden Stellen gefüllte Wasser-
behalter für den Fall einer FPeuersgefabr.
An den engen, gewundenen Stratzen standen die von Fachwerk
erbauten und mi Stroh gedeckten, kleinen Häuser, mit dem Giebel
nach der Strabe gekehrt, bäaufig mit einer quergeteilten Haustũr
versehen, so dat der Besitzer sich über die untere Hälfte hinaus-
lebuen äonnte; über der Tür hing an einem schilde das gemalte
Zeichen des Hauses, nach dem der Besitzer oft genannt ward. Die
Hauser stiegen nicht senkrecht in die Höhe, sondern der Oberstock
sprang über den unteren vor und der zweite wieder über den ersten,
43 dag oben hereinfallende Licht oft sehr beeinträchtigt ward.
Die Slrabenvwand der vorspringenden oberen Stockwerke ward auch
wobl durch Pfeiler gestützt, so dab zwischen diesen und dem ein-
geruckten Erdgeschob ein bedeckter Gang, eine sogenannte Laube
sich befand.
Nit dem wachsenden Wohblstande aber und mit der schnellen
Entwiclcdlung aller Künste, die mit dem Handwerke in unmittelbarer