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II. Das Vaterland.
136. Mahnung.
Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an,
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen!
Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft;
Dort in der fremden Welt stehst du allein,
Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt.
Friedrich von Schiller in „Wilhelm Tell“.
137. Deutschland.
Die weiten Fluren, die sich, mannigfaltig durchschnitten, von den
höchsten Alpen über dem Mittelländischen und Adriatischen Meere in un—
bestimmten Grenzen westlich an den Ufern der Maas und der Schelde
hinab bis zur Nordsee hinbreiten und östlich von der March hinüber zur
Oder bis zu dem Ausflusse der Weichsel, nennen wir Deutschland.
Dieses Land in dieser Ausdehnung gehört zu den schönsten Ländern,
welche die Sonne begrüßt in ihrem ewigen Laufe.
Unter einem gemäßigten Himmel, unbekannt mit der sengenden Luft
des Südens wie mit der Erstarrung nördlicher Gegenden, die größte Ab—
wechselung, die reichste Mannigfaltigkeit, köstlich für den Anblick, erheiternd
und erhebend für das Gemüt, bringt Deutschland alles hervor, was der
Mensch bedarf zur Erhaltung und Förderung des Geistes, ohne ihn zu
verweichlichen, zu verhärten, zu verderben. Der Boden ist fähig zu jeg—
lichem Anbau. Hier scheint sich die Zeugungskraft gesammelt zu haben,
die dort versagt ward. Unter dem bleibenden Schnee der Alpen dehnen
sich die herrlichsten Weiden aus, von Wärme doppelt belebt, die an jenem
wirkungslos vorüberging. An der kahlen Felswand zieht sich ein üppiges
Thal hinweg. Neben Moor und Heide, nur von der bleichen Binse und
don der Brombeerstaude belebt und menschlichem Fleiße nichts gewährend
als die magere Frucht des Buchweizens und des Hafers, erfreuen das
Auge des Menschen die kräftigsten Fluren, geeignet zu den schönsten Saat⸗
feldern und zu den herrlichsten Erzeugnissen des Gartenbaues. Frucht⸗
bäume prangen in unermeßlicher Menge und in jeglicher Art, vom sauren
Holzapfel bis zum lieblichen Pfirsich. Hoch auf den Bergen des Landes
erhebt unter Buchen und Tannen die gewaltige Eiche ihr Haupt zu den
Wolken empor und blickt über Abhänge und Hügel hinweg, welche den
köstlichsten Wein erzeugen, die Freude der Menschen, in der Ferne wie in
der Nähe gesucht und gewünscht von Hohen wie von Geringen.