Full text: Lesebuch für landwirtschaftliche Winter- und Fortbildungsschulen

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Der Mensch hat es verstanden, selbst das unwirtbare Moor sich als 
Ackerland dienstbar zu machen. Seit alten Zeiten und in mangelhafter 
Weise geschieht dies durch das Moorbrennen. Die hierzu ausersehene 
Fläche wird durch tiefe Gräben in große, längliche Vierecke geteilt, und 
jedes derselben wird in einer Entfernung von etwa je 6mn mit halbmeter— 
tiefen Furchen durchzogen und längere Zeit dem Austrocknen überlassen; 
man hackt hierauf den Boden mit der Moorhacke etwa 1, m tief um und 
läßt ihn den Winter über liegen. Im Frühlinge wird der in großen 
Stücken umgerissene Boden möglichst fein zerschlagen und dann an vielen 
Stellen mit glühenden Kohlen bestreut, so daß bei mäßigem Winde bald 
die ganze Fläche in Flammen steht. Bald erglühen Tausende derartiger 
Mooräcker in hellem Brande und entsenden unermeßliche Rauchwolken. 
Diese bilden den sogenannten Höhenrauch, der die Sonne verdunkelt und 
den man in ganz Deutschland wahrnimmt. Nach dem Brennen, welches bei. 
günstigem Wetter in einem Tage vollendet sein kann, wird Buchweizen 
in die heiße Asche gesät, der in guten Jahren 20- bis 30fache Ernten 
liefert. Doch schon nach etwa 6 Jahren ist die Kraft des Bodens er— 
schöpft und er muß dann 20 Jahre und länger liegen, bis er wieder von 
Heidekraut überzogen ist und eine neue Brandkultur aushalten kann. 
In weit vollkommnerer Weise wird das Moor durch die sogenannte 
Fehnkultur urbar gemacht. Hierzu geeignete Moorflächen werden mit 
dem Meere oder einem Flusse durch einen Kanal verbunden, der mit 
Schaufel und Spaten oder mit dem Torfbagger durch das Moor gezo— 
gen wird. Er dient zur Entwässerung und als Verkehrsweg. An den 
Seiten des Kanals werden nun die oberen leichten Torfschichten abgegra⸗ 
ben und bei Seite gelegt, die darunter liegenden schwereren Massen aber 
zu Torf gebacken, bis man den sandigen Untergrund erreicht hat. Mit 
diesem wird dann der zuerst weggelegte Torf vermischt, und die Kähne, 
welche den gebackenen Torf wegfahren, bringen als Rückfracht Dünger 
mit. So entsteht ein sehr fruchtbarer Boden, der zum Anbau der Ge— 
treidearten, selbst des Weizens, geeignet ist. An Stelle der anfänglichen 
armseligen Torfhütten entstehen Häuser, und es bildet sich allmählich auf dem 
Moorboden eine Kolonie, die durch den alten und durch neue Kanäle in 
lebhaftem Schiffsverkehr steht. So ist es menschlichem Scharfsinn gelungen, 
aus dem trostlosen Morast eine blühende Landschaft mit Ackerfluren, 
Wiesen und Wegen zu schaffen. Ein bewundernswertes Beispiel solcher 
Fehnkultur ist die jetzt ungefähr 6000 Einwohner zählende Stadt Papen—⸗ 
burg unweit der Ems, jetzt der wichtigste Seehandelsplatz Hannovers. 
Nach Harms und Lehmann. 
168. Die deutschen Nordseemarschen. 
Kaum hatten wir das schleswigsche Städtchen Bredstedt verlassen, 
so rollten wir von dem hohen Rande des Geestlandes in die tiefe Marsch 
hinab. Das Marschland teilt sich von der Geest so scharf ab, daß man 
die Grenze meistens mit einem Stocke angeben kann. Ich sagte meinem 
Kutscher, er sollte da anhalten, wo wir an die Marsch kämen, er that 
es, und es fand sich, daß die Pferde mit den Füßen schon in dem klebrigen
	        
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