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Gräber der vorgeschichtlichen Zeit.
Die ãltesten Grabstätten der vorgeschichtlichen Periode weisen
in eine Zeit zurück, welehe die Metalle noch nicht kannte und sich nur
der Steinwaffen und Steinwerkzeuge bediente. Hohe Steinkammern von
mãchtigem Umfange liegen entweder frei da oder sind mit Erde über—
schüttet. Die Leichen wurden in sitzender oder liegender Stellung
beigesetzt; in einzelnen Gräbern hat man Uberreste von 50—100 Kör.
pern gefunden und aus der Menge der menschlichen Gebeine geschlos-
sen, daß die Riesenbetten als FPamiliengräber benützt worden seien.
Waffon und Geräte aller Art, durchbohrte und flache Steinbeile aus
Kieselschiefer, kleine speerförmige Feuersteinmesser, Handmühlen aus
rotem Sandstein, mit der Hand geformte und verzierte Tongefã he und
Tierknochen, die zwischen den menschlichen Gebeinen zergtreut um
herliegen, gewähren uns ein Bild des damaligen Lebens und lassen
das „Steinvolk“ als kühne Jäger und geschickte Arbeiter erscheinen.
Halsketten von Bernsteinperlon und durchbohrte Tierzähne verraten
selbst Gefallon an äuberer Zierde; dio Funde von Ockerstücken haben
sogar auf dio Vermutung geführt, daß die Leute des Steinaltors ebenso
wio andere Naturvölker ihren Körper bemalten. Mann und Frau er-
schienen an der Spitze eines geordneten Haushaltes, in dem schon
Pferd und Rind, Schaf, Schwein und Hund als Haustiere Platæ einge-
nommen haben. Wabhrscheinlich verstand man bereits das Peld zu be-
bauen und die Spindel zu gebrauchen; pietätvoll wurde dem Vergtorbenen
das Grab hergerichtet und, um die Luft zu reinigen, vor jeder Bestat-
tung in der Kammer Feuer angezündet. Die sorgfãltige Ausrüstung
der Heimgegangenen mit Speise, Drank, Werkzeugen und Schmuck,
kurz mit allem, was zum Leben gehört, gibt ein bedeutsames Zeug-
nis von dem Glauben an eine persgönliche FPortdauer nach dem Tods.
Menn aueh Steinmesser und Steinwerkzeuge nur für die älteste,
metalloss Periode der Gräberfunde bezeichnend sind, so finden wir
den Gebrauch derselben doch auch dann noch verbreitet, als schon
längst die Anwendung von Netallen, zunächst in Gestalt von Kupfer
und dann von Bronze, bekannt geworden war; denn nirgends sind die
verschiedenen Zeitalter scharf voneinander getrennt, vielmehr gehen
sis nach und nach ineinander über. Wie äas Ueiall, Kupfer oder
Bronze, den Gebrauch des Steines erst allmählich verdrängte, so wer-
den aueh diess wieder nach und nach von dem Eisen in den Rinter-
grund geschoben.
Neben der Leichenbestattung tritt schon früh auch die Leichen-
verbrennung auf; beide Arten der Bestattung waren nebeneinander in
Gebrauch, obne daß das gegenseitige Verhaltnis beider Weisen gich
völlig aufklären läßt. Ranke meint: die Vornehmen wurden ver—
brannt, dié Gemeinen prunklos unter den Rasen gebettot. Den Platz
für das Begräbnis wählte man gern an Straben und auf Hügeln oder
freien Heiden. Nachdem der Tote mit seinen Waffen in äie Grab-
kammer, die man in den bewachsenen Boden eintiefte, gelegt und
mit Brettern und Holz bedeckt war, entfachte man ein gewaltiges
heuer, opferte und hielt den Leichenschmaus; aus der Umgebung wurde