129 —
oben gesogen und selbsttätig strömt die gute Luft durch den Schacht hinein
und wird geschickt in alle Straßen und Gassen der unterirdischen Stadt
hineingeleitet. Nicht dunkel und unfreundlich sind die Strecken, wie der
Bergmann die Straßen seines Arbeitsfeldes unter Tage heißt, sondern
elektrische Birnen an der Decke, deren Licht von den Kristallen der Salz⸗
wände wunderbar reflektiert wird, erhellen Tag und Nacht, unabhängig
vom Sonnen- und Mondwechsel, hier unten die Straßen.
Geschäftig wie in den Straßen einer Stadt spielt auch hier unten
sich das Leben ab. Ununterbrochen rollen lange Wagenzüge, gefüllt mit
vielfarbigem Karnallit, an den Schacht heran, wo sie, mit 8 d— beladen,
je vier auf einmal in den zweietagigen Förderkorb rollen und in 80 Sekunden
ans Tageslicht gefördert werden, und geschäftig rollen die leeren wieder
an Ort, wo sie neu beladen werden. Welche gewaltige Massen von
Material an einem Tage aus der Tiefe der Erde an die Fabrik zur
Bearbeitung herausgeschafft werden, zeige folgende, freilich theoretische
Berechnung, die für die Praxis keinen Wert hat, da auch das Kaliwerk
Asse seine Produktionsziffern vom Kalisyndikat*) vorgeschrieben erhält:
In einer achtstündigen Schicht können 1000 Wagen — 8000 d- Kalisalze
zur Fabrik gebracht werden, das macht bei drei Schichten mit vollzähliger
Belegschaft 24000 dz- oder mehr als 7 Millionen dz im Jahre. Und
diese Förderung könnte noch viele Male vervielfältigt werden, denn
das Lager, dessen Ausbeutung sich die Gewerkschaft Asse gesichert hatte,
bedeckt nahezu die ganze Oberfläche der Asse: die Mutungeflache reicht
von dem Dorfe Groß-Denkte 14 km weit nach Barnstorf und nimm
einen Raum ein von mehr als 20 qkm. Unter Tage aber dehnen sich
die Kalisalzlager in ungeahnter Mächtigkeit, so daß dort auf Jahrzehnte
hinaus selbst bei stärkstem Abbau unerschöpflich die Produktion vor sich
gehen kann. **)
Unter der sachkundigen und liebenswürdigen Führung des Obersteigers
und des Steigers ging dann stundenlang die Wanderung durch die
Strecken. Wohl an 30 Orten bohrten sich die Bergleute tiefer und
tiefer in das Erdinnere hinein, um das kostbare Material zu gewinnen.
Nur mit Hose und Stiefeln bekleidet, — denn dort am Orte, wo die
Wetterzuführung nicht ganz hingelangen kann, ist eine ständige Temperatur
von nahezu 30 Grad — und trotzdem schweißtriefend stet der Hauer
seinen Bohrer an, der sich, durch die elektrischen Bohrmaschinen in
Antrieb gesetzt, ungefähr metertief knirschend und pfeifend in das Karnallit
bohrt und dort dreifingerdicke Löcher hinterläßt. Etwa 20 Bohrlöcher
stellt er zusammen mit seinem Arbeitsgenossen, dem Lehrhäuer, fertig,
) Vereinigung der Kaliwerke zur Festsetzung der Preise und der Höchst⸗
grenze der Produktion jedes Werkes.
) Bei dem Kaliwerk Asse ist bekanntlich der braunschweigische Staat mit
501 Kuxen (Anteilen) beteiligt. Auf diese 501 Kuren garantiert das Kalisyndikat
eine 409 Verzinsung der auf sie gezahlten Zubußen, sowie einen Mindestertrag
von 200000.A im Jahre. Nächstbeteiligter ist der preußische Fistus mit 126 Quxen.
Auch das Herzogtum Anhalt besitzt eine geringe Zahl Anleile.
—
V