R. Koeniq, Die Sni^en vvm König Artus uud vom heiligen Gral. 27
6. Die Sagen vom König Artus und vom heiligen Gral.
Nach R. Kvenig, Deutsche Litteraturgeschichte.
Von den großetl höfischen Epen, welche die ritterlichen Sänger in
deutschen Landen während der Jahrzehnte vor uird nad) 1200 geschaffen
haben, schöpfen viele uitd gerade die hervorragendsten ihrer: Stoff ails
zwei Sagerrkreisen, die in Wolframs voir Eschenbach „Parzival" sogar
initeiuauber verschmolzen erscheinen. Es finb die Sagen vom König
Artus inrd seiner Tafelrunde, in denen das weltliche Rittertum gefeiert
wird, unb die vom heiligen Grale, die das geistliche Rittertum preisen.
Teils in Britannien, teils in Spanien entstanden, wurde»: diese Über-
lieferungen in Frankreich künstlerisch ausgestaltet Ul:d kan:en vo:: dort
z,: uns.
Artus oder Arthur, der letzte Held des einst allein iu Britannien
herrschenden Keltenstammes, hatte sich durch seine Tapferkeit von einen:
kleinen Häuptling zun: Könige aller Briten aufgeschrvuingen. Bis zu
seinen: Heldentode in: Jahre 542 war es ihn: gelungen, die Nnabhäugig-
keit seines Volkes gegen: die Sachsen: zu behaupte::; als aber 50 Jahre
später die Macht seines Stammes völlig vernichtet lvar, sah sich die
keltische Bevölkerung und Sprache auf den Rand und die Gebirgshörner
des Jnsellandes Hinausgetrieben. Die Sage aber hielt die Erinnerung
a:: den: letzter: Helden der Briten fest und verbreitete den: Ruhn: des
Königs Artus. Um ihr: „sanunelte sich das erlöschende Rationalbewußt-
seir: des aus der Reihe der herrschenden Stärnrrre Europas verdrängten
Keltenvolkes, und gleichsan: zur Vergeltung der politischen: Vernichtung
seiner Ratior: hat Artus mit seinen Heldensagen nahezu ein Jahrtausend
lang die gar:ze romanische und germanische Welt erfüllt und poetisch be¬
herrscht." Lange wähnte sein Volk ihr: ungestorben rvie das unsrige
seinen: Kaiser Rotbart urrd hoffte seine glorreiche Wiederkehr rn:d darrrit
die eigene nationale Auferstehung; allmählich erblaßte aber die Helden-
gestnlt, und vs rvard ir: den: französischen Umbildungen und deutscher:
Bearbeitungen ar:s ihrr: ein mittelalterlicher Lehnskönig, ausgezeichnet
durch große Milde und dem Mirmedienste hold, dessen Edle und Tisch-
genoffer: täglich auszogen und Abenteuer bestanden im Dienste der Frauen.
Der Kern der so gestalteten Sage ist der folgende: König Artus
hält Hof zu Kaerllion ir: Wales mit Ginevra, seiner schönen Gemahlir:.
Um sich hat er einen glänzenden Hofstaat vor: vielen tausend Rittern
versanunelt, die nicht zu Morgen essen, bevor sich ein Abenteuer gezeigt
hat, das sie da:::: oft auf wunderbare Irrfahrten: hinausführt. Zugleich
finb aber diese unerschrockenen Kämpen auch Vorbilder edler Rittersitte
und seiner Hofzucht. Auf der: Rat des Zauberers Merlin hat König
Artus die Tafelrunde gegründet, einen engeren Kreis von zrvölf auser¬
wählten Rittern, der so nach der runden Tafel genannt ist, nm welche sie
mit dem Könige ur:d der Königir: sitze::. Alle finb hier gleichberechtigt,