490 82. Der alte arme Richard, oder Mittel, reich zu werden.
den man so viel wagt, so viel leidet? Er erhält weder die Gesund¬
heit, noch befreit er von Krankheiten. Im Gegentheile, statt den
Werth eines Menschen zu erhöhen, erweckt er den Neid und be¬
schleunigt den Verfall."
„Welche Thorheit also, solcher entbehrlichen Dinge wegen
Schulden zu machen! Es ist wahr, man braucht erst nach sechs
Monaten zu bezahlen; das hat vielleicht manchen von uns hierher
gelockt, der keinen Pfennig in der Tasche hat. Es ist freilich sehr
bequem, ohne Geld zu kaufen, aber bedenkt, was es heißt, sich in
Schulden stecken! Ihr gebt andern ein Recht über Eure Freiheit.
Konnt Ihr zur gesetzten Frist nicht bezahlen, so werdet Ihr Euch
schämen, wenn Euer Gläubiger Euch begegnet. Ihr werdet zittern,
wenn Ihr mit ihm sprecht, und elende Entschuldigungen herstam¬
meln. Nach und nach werdet Ihr Treue und Glauben und die
Scham selbst verlieren und Euch durch grobe und niederträchtige
Lügen entehren. Denn Lügen ist die zweite Stufe des Unrechts,
so wie Schulden machen die erste. Schulden lassen die Lügen hinter
sich aufsitzen. Ein freier Mann sollte jedem lebendigen Menschen
unerschrocken ins Gesicht sehen können, Armut aber raubt Selbst¬
gefühl und Tugend. Ein leerer Sack steht nicht gut aufrecht, sagt
der arme Richard."
„Was würdet Ihr von einem Fürsten oder einer Regierung
denken, die bei Gefängnisstrafe auferlegte, Euch wie Personen von
Stande zu kleiden? Würdet Ihr nicht sagen, Ihr wäret freie
Leute, hättet das Recht, Euch nach Eurem Belieben zu kleiden; der
Befehl kränke Eure Freiheiten; die Regierung wäre - tyrannisch?
Gleichwohl unterwerft Ihr Euch selbst einer solchen Tyrannei, wenn
Ihr des Kleiderstaats wegen Euch in Schulden steckt. Euer Gläu¬
biger hat das Recht, sobald es ihm gefällt, Euch Eurer Freiheit
zu berauben. Wenn Ihr nicht im Stande seid, zu zahlen, kann er
Euch in ein Gefängnis sperren und zeitlebens darin sitzen lassen.
Als Ihr den Kauf schloßt, dachtet Ihr vielleicht wenig an die Be¬
zahlung ; Gläubiger aber haben ein besseres Gedächtnis als Schuld¬
ner. Die Gläubiger sind Tagwähler und geben genau auf Termin
und Verfallzeit Acht. Der Zahlungstag bricht an, eh' Ihr noch \
aufgewacht seid, und die Schuldforderung ist da, eh' Ihr zur Be¬
friedigung Anstalt gemacht habt. Oder denkt Ihr auch daran, so
wird Euch doch der Termin, der erst so lang schien, fürchterlich
kurz vorkommen; Ihr werdet glauben, die Zeit habe zu ihren
Flügeln an den Achseln auch noch Flügel an die Fersen bekommen.