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drei Schwestersöhne Ludwigs des Heiligen und dessen Tochter Sophie,
die Gemahlin Heinrichs des Großmüthigen von Brabant, für
ihren 3jährigen Sohn Heinrich, in der Geschichte „das Kind"
genannt.
Sophie hatte mit der Frömmigkeit ihrer Mutter zugleich den Hel¬
densinn ihres Vaters geerbt. Nach ihres Mannes Tod abgetrennt
von Brabant, wo ihr Stiessohn Heinrich der Sanstmüthige regierte,
fand sie sich plötzlich in einer Lage, welche bei der größten Umsicht
einen selbständigen, entschlossenen Willen erforderte. Es war die
Zeit unmittelbar vor dem Interregnum. Im deutschen Reiche be¬
kämpften sich zwei Kaiser: Friedrich II. und der von den geistlichen
Reichsfürsten an Heinrichs Raspe Stelle erwählte Gegenkaiser Wil¬
helm von Holland. Die mächtigeren Fürsten benutzten die Unsicher¬
heit zur Vergrößerung ihrer Macht und die Ritter hausten auf ihren
festen Raubschlösseru als Schrecken des Kaufmanns und friedlichen
Bürgers.
Markgraf Heinrich v. Meißen, einer der Bewerber um die
thüringische und hessische Erbschaft, im Besitze der meisten Schlösser
in Thüringen, zugleich sehr reich und von den Großen in Thürin¬
gen, die er überrascht hatte, bereits anerkannt, war in der Lage,
nicht nur seinen Besitz behaupten, sondern auch mit hessischem Ge¬
biet vergrößern zu können. — Auch Herzog Otto von Braunschweig,
sowie Bischof Siegfried von Mainz hatten bereits beträchtliche
Stücke von Hessen sich angeeignet; die Grenzen waren von Raub¬
schlössern umlagert.
b) Unter diesen Umständen erschien Sophie mit ihren Erben
in Marburg, wo das Andenken an ihre Mutter noch lebendig war.
Hier zeigte sie den versammelten Bürgern ihren hoffnungsvollen
Sohn und empfing die ersten Huldigungen ihrer Hessen. Man er¬
zählt, daß sie auf einem Wagen, ihren Erben aus dem Schoße, von
vielen Gewappneten umgeben, allenthalben die Städte ihres väter¬
lichen Erbgutes besucht habe und von den getreuen Bürgern in
feierlichem Aufzuge empfangen worden sei. Eine Anzahl getreuer
adeliger Herren eilten zu ihr und halfen ihr theils die väterlichen
Burgen und Schlösser erobern, theils die Raubnester zerstören.
Den Weißenstein bei Marburg zerstörte sie sogar mit Hülfe der
Bauern eines benachbarten Dorfes. Auf einem Hügel der Lahn-
Berge, unweit Marburg, erbaute sie zum Schutze ihrer Besitzungen
die „Frauenburg."
Hieraus zog Sophie nach Thüringen, wo sich ihr die Stadt
Eisenach mit der Wartburg öffnete. Auch ihr Verwandter und
Gegner, Markgraf Heinrich von Meißen, kam dahin und gewann