Rückert. Schiller. Kerner.
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Es webt um meine Wipfel
Noch der Erinnrung Duft.
5-. Ich sah in alten Zeiten
Die Kaiser und die Herrn
Im Lande ziehn und reiten;
Wie liegt das heut' so fern!
Da möcht' ich wohl mit Rauschen
Sie grüßen in der Nacht ^
Und mit den Winden tauschen
Gespräch von Deutscher Macht.
6. Dann kam die Zeit der Irrung,
Des Abfalls in das Land,
Voll schmählicher Verwirrung,
Da ich gar traurig stand;
Es klirrten fremde Waffen,
Es zuckte mir durchs Mark,
Ich sah die Zeit erschlaffen
Und blieb kaum selber stark.
7. Den Himmel sah ich säumen
Ein neues Morgenroth,
Es scholl aus fernen Räumen
Der Freiheit Aufgebot;
Ich sah auf alten Bahnen
Die neuen Deutschen gehn,
Die lang entwöhnten Fahnen
Vom Rheinstrom her mir wehn.
8. Da schüttelten die Winde
Mein altes Haupt im Sturm;
Vor Schreck entsank der Rinde,
Der sie genagt, der Wurm:
Nun werden Deutsch die Gauen
Vom Wasgau bis zur Pfalz,
Und wieder wird man bauen
Hier eine Kaiserpfalz.
9. Doch als das große Wetter
Eilfertig, ohne Spur,
Wie Windeshauch durch Blätter
Dahier vorüberfuhr —
Mein Wipfel ist geborsten,
Es wird nicht mehr der Aar
In diesen Forsten horsten,
Der meine Hoffnung war.
10. Lebt, Adler, wohl und Falken!
Ich fall' in Schmach und Graus
Und gebe keinen Balken
Zu einem Deutschen Haus;
Man wird hinab mich schleppen
Und drunten aus mir nur
Versehn mit neuen Treppen
Mairie und Präfektur.
11. Doch, jüngre Waldgeschwister,
Ihr hauchet frischbelaubt
Teilnehmendes Geflister
Um mein erstorbnes Haupt;
Euch alle sterbend weih' ich
Zu schönrer Zukunft ein,
Und also prophezei' ich,
Wie fern die Zeit mag sein:
12. Einst einer von euch allen,
Wenn er so altergrau
Wird, wie ich falle, fallen,
Giebt Stoff zu andrem Bau,
Da wohnen wird und wachen
Ein Fürst auf Teutscher Flur;
Dann wird mein Holz noch krachen
Im Bau der Präfektur."
834. Nadowessische Todtenklage. (Juli 1797.)
Von Friedrich v. Schiller. Werke. Stuttgart und Tübingen, 1834.
u Seht, da sitzt er auf der Matte!
Aufrecht sitzt er da
Mit dem Anstand, den er hatte,
Als er's Licht noch sah.
Doch, wo ist die Kraft der Fäuste,
Wo des Athems Hauch,
Der noch jüngst zum großen Geiste
Blies der Pfeife Rauch?
o. Wo die Augen, falkenhelle,
Die des Rennthiers Spur
Zählten auf des Grases Welle,
Auf dem Thau der Flur?
4- Diese Schenkel, die behender
Flohen durch den Schnee
Als der Hirsch, der Zwanzigender,
Als des Berges Reh?
5. Diese Arme, die den Bogen
Spannten streng und straff?
Seht, das Leben ist entflogen!
Seht, sie hangen schlaff!
6. " Wohl ihm, er ist hingegangen,
Wo kein Schnee mehr ist,
Wo mit Mais die Felder prangen,
Der von selber sprießt;
7. Wo niit Vögeln alle Sträuche,
Wo der Wald mit Wild,
Wo mit Fischen alle Teiche
Lustig sind gefüllt!