Full text: Für Tertia (Abtheilung 1, [Schülerband])

8 A. Nein epische Poesie. I. Heroisches Epos. 
32. Und sage nicht, du habest mich nicht sogleich erkannt; 
Du sahest meine Farben an Helm und Schildesrand 
Und kanntest an der Haltung den Mann wie am Gesicht; 
Doch ließ' ich Alles gehen, nur Eins verzeih' ich dir nicht: 
33. Du brachst mir eine Blume, so zart, so lieb, so werth, 
So theuer meinem Herzen, mit unbarmherz'gem Schwert. 
So hast du selbst der Erste gebrochen unsern Schwur; 
Ich nehme keine Schätze dafür; das wisse du nur! 
34. Von deinen Händen fordr' ich des theuern Neffen Blut. 
Laß sehn, ob dir alleine denn blühen Kraft und Muth! 
Ich will hier auch ersterben oder zeigen, was ich kann." 
Da sprang von seinem Rosse dieser wunderkühne Mann. 
35. Das Gleiche that Herr Günther, da säumt' auch nicht der Held; 
Den Kampf zu Fuß zu kämpfen sah man die Drei gesellt. 
Sie standen all' und deckten wie vor dem Todesstreich 
Sich sorglich mit den Schilden, in Erwartung stumm und bleich. 
1. Aus dem Nibelungenliede. (Um 1200.) 
Das Nibelungenlied, übersetzt von Karl Joseph Simrock. Berlin, 1827. Stuttgart und Tübingen, 1843, 
a. Von Siegfrieden. 
1. Da wuchs im, Niederlande eines reichen Königs Kind — 
Siegmund hieß sein Vater, seine Mutter Siegelind — 
In einer reichen Feste, weithin wohlbekannt, 
Unten am Rheine, Santen war sie genannt. 
2. Ich sag' euch von dem Degen, wie so schön er ward; 
Er war vor allen Schanden immer wohl bewahrt. 
Stark und hohen Namens ward bald der kühne Manu; 
Hei, was er großer Ehren auf dieser Erde gewann! 
3. Siegfried war geheißen derselbe Degen gut. 
Er besuchte viel der Reiche in hochbeherztem Muth. 
Durch seine Stärke ritt er in manches fremde Land. 
Hei, was er schneller Degen bei den Burgonden fand! 
4. In seinen besten Zeiten, bei seinen jungen Tagen 
Mochte man viel Wunder von Siegfrieden, sagen, 
Was Ehren an ihm wuchsen und wie schön sein Leib; 
Drnm dachte sein in Minne manches weibliche Weib. 
5. Sie erzogen ihn so fleißig, als ihm geziemend war; 
Was ihm hoher Tugenden der eigne Sinn gebar! 
Davon ward noch gezieret seines Vaters Land. 
Daß man zu allen Dingen ihn so recht herrlich befand. 
6. Er war nun so erwachsen, um auch an Hof zu gehn. 
Die Leute sahn ihn gerne; viel Frau'n und Mädchen schön 
Wünschten wohl, er käme dahin nur immerdar; 
Hold waren ihm so Manche, des ward der Degen wohl gewahr. 
7. Selten ohne Hüter man reiten ließ das Kind. 
Mit Kleidern hieß ihn zieren Siegmund und Siegelind; 
Auch pflegten sein die Weisen, denen Ehre war bekannt. 
Drum möcht' er wohl gewinnen die Leute und auch das Land. 
8. Nun war er in der Stärke, daß er wohl Waffen trug. 
Wes er dazu bedurfte, des gab man ihm genug.
	        
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