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■12. Der gerettete Jüngling.
Sankt Johannes, aus dem öden Pathmos
wiederkehrend, war, was er gewesen,
seiner Herden Hirt. Er ordnet’ ihnen
Wächter, auf ihr Innerstes aufmerksam.
In der Menge sah er einen schönen
Jüngling; fröhliche Gesundheit glänzte 10
vom Gesicht ihm, und aus seinen Augen
sprach die liebevollste Feuerseele.
„Diesen Jüngling,“ sprach er zu dem Bischof,
„nimm in deine Hut. Mit deiner Treue
stehst du mir für ihn! — Hierüber zeuge
mir und dir vor Christo die Gemeine.“
Und der Bischof nahm den Jüngling zu sich,
unterwies ihn, sah die schönsten Früchte
in ihm blühn, und weil er ihm vertraute,
liess er nacÄ mit seiner strengen Aufsicht. 20
Und die Freiheit war ein Netz des Jünglings: —
angelockt von süssen Schmeicheleien,
ward er müfsig, kostete die Wollust,
dann den Reiz des fröhlichen Betruges,
dann der Herrschaft Reiz; er sammlet’ um sich
seine Spiefsgesellen, und mit ihnen
zog er in den Wald, ein Haupt der Räuber.
Als Johannes in die Gegend wieder
kam, die erste Frag’ an ihren Bischof
war: „Wo ist mein Sohn?“ — „Er ist gestorben!“ 30
sprach der Greis und schlug die Augen nieder.
„Wann und wie?“ — Er ist Gott abgestorben,
ist (mit Thränen sag’ ich es) ein Räuber.“
„Dieses Jünglings Seele,“ sprach Johannes,
„fordr’ ich einst von dir. Jedoch wo ist er?.“ —
„Auf dem Berge dort!“
— „Ich muss ihn sehen!“
Und Johannes, kaum dem Walde nahend,
ward ergriffen, (eben dieses wollt’ er).
„Führet,“ sprach er, „mich zu eurem Führer!“
Vor ihn trat er. Und der schöne Jüngling 40
wandte sich; er konnte diesen Anblick
nicht ertragen. „Fliehe nicht, o Jüngling,
nicht, o Sohn, den waffenlosen Vater,
einen Greis! Ich habe dich gelobet
meinem Herrn und muss für dich antworten.
Gerne geb’ ich, willst du es, mein Leben
für dich hin; nur dich fortan verlassen
kann ich nicht! Ich habe dir vertrauet,
dich mit meiner Seele Gott verpfändet.“