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die Blätter gehabt haben, stehen kahl da, wie abgestorben. Die Tanne
aber hat ihre Nadeln behalten, sie allein ist frisch und grün geblieben.
Darum wird sie zum Weihnachtsbaum gemacht.
Lange vorher freuen sich die Kinder schon ans Weihnachten, lange
vorher schon sorgen die Eltern dafür. Oft geht in den Wochen vor
dem Fest die Mutter aus und kehrt ins Haus zurück mit Paketen und
Schachteln. Aber sie zeigt nichts von dem, was sie gekauft hat, sondern
legt alles still in einen Schrank. Den Schrank schließt sie sorgfältig ab,
damit niemand hineinsieht.
Jeden Tag zählen die Kinder, wieviel Tage es noch sind bis zur
Bescherung. Abends, ehe sie einschlafen, erzählen sie einander, was sie
sich wünschen, und wenn sie eingeschlafen sind, träumen sie von Weih¬
nachten. So kommt endlich der Tag der Bescherung heran und der
heilige Abend. Am Tage vorher schon wurde ein kleiner Tannenbaum
in das Haus hineingetragen. Keiner hat das gesehen, aber auf dem
Fußboden sind grüne Nadeln gefunden worden, und ein abgebrochenes
Zweiglein wurde auch aufgehoben. Schon vom frühen Morgen an
wird keins der Kinder in das Zimmer hineingelassen, wo der Baum
steht, und wo zur Bescherung aufgebaut wird. Wie lang erscheint der
Tag, der doch wirklich so kurz ist! Es will gar nicht dunkel werden.
Nachdem es dunkel geworden ist, wird die Ungeduld der Kinder sehr
groß. Endlich ertönt eine Glocke, die Tür der Weihnachtsstube öffnet
sich, und der Vater oder die Mutter ruft: „Jetzt könnt ihr kommen!"
Nun kommen sie alle zusammen in das Zimmer. Da bleiben sie zuerst
ganz still stehen, so blendet der Glanz sie. Auf dem Tisch steht der
Tannenbaum, mit vielen Kerzen besteckt und behängt mit Äpfeln und
Nüssen, mit Ketten aus buntem Papier und bunten Fähnchen und Silber¬
fäden. Am hübschesten sind doch die rotbäckigen Äpfel in dem Tannen¬
grün anzusehen.
Nun getraut sich eines nach dem andern näher an den Tisch heran.
Da ist für jedes Kind ein Platz bestimmt, auf dem seine Geschenke
liegen. Schnell hat jedes seinen Platz gefunden. Jedes freut sich über
das, was ihm beschert ist. Wer kann das alles aufzählen, was unter
dem Weihnachtsbaum liegt? Da sind hölzerne Tierchen für die Kleinsten
und saubere Puppen. Da ist auch der Baukasten, den Franz sich
wünschte, und der Malkasten, den Fritz so gerne haben wollte. Herr¬
liche Bilderbücher sind auch da. Die Größeren aber finden auf ihren
Plätzen belehrende Bücher und allerhand nützliche Sachen. Auch die Leute
haben ihren Tisch, auf dem sie ihren Kuchen finden und ein hübsches