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Felder des Hosschulzen stiegen schon sacht die Anhöhen hinauf, und eine
Meile von dort war Gebirge. Der nächste Nachbar der Bauerschaft wohnte
eine Viertelstunde vom Hofe Um diesen breitete sich alles Besitztum, welches
eine große ländliche Wirtschaft nötig hat, Feld, Wald, Wiese, unzerstückelt,
in geschlossenem Zusammenhange aus.
Von der Anhöhe herab liefen die Felder durch die Ebene, bestens
bestellt. Es war aber um die Zeit der Roggenblüte; der Rauch ging von
den Ahren und wallte in den warmen Sommerlüften, ein Opfer der Scholle.
Einzelne Reihen hochstämmiger Eschen oder knorrichter Rüstern, zu beiden
Seiten der alten Grenzgräben gepflanzt, faßten einen Teil der Kornfelder
ein und bezeichneten, von weitem her kenntlich, die Marken des Erbes be—
stimmter, als Steine und Pfähle vermögen. Ein tiefer Weg zwischen auf—
geworfenen Erdwällen führte quer durch die Felder, mündete rechts und links
an verschiedenen Orten in Seitenpfade aus und führte, wo das Getreide
aufhörte, in ein kräftig bestandenes Eichenwäldchen, unter welchem sich erd—
gelagerte Säue gütlich thaten, dessen Schatten aber auch für den Menschen
erquicklich waren. Dieser Kamp, welcher dem Schulzen sein Holz lieferte,
drang bis wenige Schritte vom Gehöfte vor, umfaßte es von beiden Seiten
und gab so zugleich gegen die Ost- und Nordwinde Schutz.
Nur mit Stroh war das Wohnhaus, welches sich in seinen weiß und
gelb angestrichenen Wänden von Fachwerk erhob, gedeckt; aber da diese
Bedeckung immer sehr wohl imstande gehalten ward, so hatte sie nichts
Dürftiges, verstärkte im Gegenteil den behaglichen Eindruck, den das Gehöfte
machte. Auf der andern Seite des Hauses liefen um einen geräumigen
Hof Ställe und Scheunen, an denen auch das schärfste Auge keine schad—
hafte Stelle an Mauer und Bewurf erspähen konnte. Große Linden standen
vor der Hofthüre, und dort, nicht nach der Waldseite zu, waren auch die
Ruhesitze angebracht. Denn der Hofschulze wollte, selbst wenn er rastete,
seine Hofwirtschaft im Auge behalten.
Gerade dem Wohnhause gegenüber sah man durch ein Gitterthor in
den Baumgarten. Dort breiteten starke und gesunde Obstbäume ihre
belaubten Zweige über frischem Graswuchs, Gemüse- und Salatstücken aus;
hier und da ernährte ein schmales Beei dazwischen rote Rosen und gelbe
Feuerlilien. Doch waren solcher Beete nur wenige. In einer echten Bauer⸗
wirtschaft bleibt der Boden dem Bedürfnisse gewidmet, selbst wenn dem
Eigentümer seine Umstände Luxus mit der Natur verstatten. Deshalb
haben wir in solchen Höfen eine Empfindung froher Ruhe aller Sinne,
wie sie Prachtgärten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen.
So weit das Auge über den Baumgarten hinausblickte, sah es auch
nur Grün. Denn jenseits des Gartens lagen die großen Wiesen des Ober—
hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter für seine Pferde besaß.
Ihre Zucht, mit Fleiß betrieben, gehörte zu den einträglichsten Nahrungs—
quellen des Erbes. Auch diese grünen Grasflächen waren von Hecken und
Gräben umschlossen; eine derselben faßte einen Weiher ein, in welchem aus⸗
gefütterte Karpfen zugweise umherschwammen. Auf diesem reichen Hofe
zwischen vollen Scheuern, vollen Böden und Ställen hantierte der alte, weit
und breit angesehene Hofschulze. Er stand mit aufgekrempten Hemdärmeln