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163. Der Schatzgrüber. (1798 gedruckt.)
Von J. W. von Gocthe.
Wertke. Stuttgart 1867. Bd. J., S. 141.
¶. Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt' ich meine langen Tage.
Urmut ist die größte Plage,
Peichthum ist das höchste Gut!
Und zu enden meine Schmerzen,
Ving ich einen Schatz zu graben.
Meine Seele sollst du haben!“
Schrieb ich hin mit eignem Blut.
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise,
Stellte wunderbare Flammen,
kraut und Knochenwerk zusammen:
die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
Hrub ich nach dem alten Schatze
Uuf dem angezeigten Platze;
Schwarz und surmisch var die Nacht.
3. Und ich sah ein Licht von weiten,
Und es lam gleich einem Sterne
dinten aus der fernsten Ferne,
en als es wblfe schlug
Und da galt kein Vorbereiten.
Heller war's mit einemmale
Von dem Glanz der vollen Schale,
Die ein schöner Knabe trug.
4. Holde Augen sah ich blinken
Unter dichtem Blumenkranze;
In des Trankes Himmelsglanze
Trat er in den Kreis herein
Und er hieß mich freundlich trinken;
Und ich dacht': es kann der Knabe
Mit der schönen, lichten Gabe
Wahrlich nicht der Böse sein.
5. „Trinke Muth des reinen Lebens!
Dann verstehst du die Belehrung,
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort.
Grabe hier nicht mehr vergebens!
Tages Arbeit! Abends Gäste!
Saure Wochen! Frohe Feste!“
Sei dein künftig Zauberwort.“
164. Eine Mutter.
Von A. Meißner.
Zista ij. Leipzig 1847. S. 110.
1. Es gehet und wehet die Kunde durchs
Land:
ð8 trafen die Heere am Moldaustrand,
haben ein Treffen geschlagen,
uif hölzerner Brücke, hoch über dem Fluß,
trafen die Deutschen die Kinder des Hus,
ie Kinder des Kelches erlagen.
2. Und unter dem Tritte der Pferde zer—
de brach
* hallende Brücke mit Donnergekrach,
michen die Pfeiler im Falle.
ie Reiter, das Fußvolk, voll Wunden und
di Blut,
d stürzten kopfüber hinab in die Flut,
da sanken, ertranten sie alle.
3. Die böhmische Mutter, sie höret die
Mär',
Sohn mit im versunkenen Heer,
e letztex geboren, verloren.
8 heulet der Sturmwind, die Nacht ist kalt,
le flieht durch den sausenden, brausenden
Wald,
Vr letzter geboren, verloren!
4. Durch starrende Felsen, so wüst und so leer,
Kommt donnernd und brausend die Moldau
daher
Um sinkende Trümmer und Thore.
Am Saume des Strands, wo der Weiden—
busch rauscht,
Da sitzet die Mutter und lauscht und lauscht,
Ein zerschossener Vogel im Rohre.
5. Und wie sie so lauscht mit dem Auge
voll Glut,
Da hebt und regt sich die grollende Flut,
Es röthen sich seltsam die Wogen.
Ist's Glühen des Morgens, das so sie be—
strahlt?
's ist Herzblut der Edeln, das also sie malt —
Und jetzt kommen Leichen gezogen.
6. Viel' Leichen mit bleichem, erstarrtem
Gesicht,
Sie kommen daher wie zum Todtengericht,
Den Blutschaum auf offenem Munde.
Gewappnete Krieger, ein gräßlicher Knäu'l
Rings um sie die Wogen mit Klagegeheul
Aufrauschend vom Grunde, vom Grunde.
) Jhat den Laut des französischen j in jamais, j'aime; 8 lautet wie das deutsche sch