Full text: Die Geschichte der Deutschen

Matthias. 
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Rechte der böhmischen Nation, auch den M aj e stä tsbri ef Rudolph II. 
feierlich beschworen hatte (1617). Jetzt regten sich die Katholiken überall; 
die Protestanten aber beschwerten sich vergeblich bei dem Kaiser. Die 
gegenseitige Erbitterung stieg immer mehr, bis endlich im Jahr 1618 
dieselbe zum schrecklichen Ausbruche kam. 
Die nächste Veranlassung hierzu war folgende. Die Protestanten in 
den Städten Kloster grab und Braunau in Böhmen, welche unter 
geistlicher Herrschaft standen, hatten sich dort Kirchen erbaut; die Katho¬ 
liken aber wollten dieses nicht dulden, sie gaben vor, in Böhmen genössen 
nur der Herren- und Ritterstand und die königlichen Städte Religions¬ 
freiheit, nicht aber die Unterthanen geistlicher Herrschaften. In dem 
Majestätsbrief war hierüber zwar nichts bestimmt, doch sagten die Prote¬ 
stanten, der geistliche Stand sei in Böhmen gar nicht als ein besonderer 
anerkannt, und folglich seien die Kirchengüter eigentlich königliche Be¬ 
sitzungen. Der Kaiser aber entschied gegen sie, und so kam's, daß die 
Kirche zu Braunau geschloffen, die zu Klostergrab aber gar niedergerissen 
wurde. Darüber entstand bei den Protestanten eine allgemeine Gährung. 
Sie schickten eine Deputation an den Kaiser, und als diese eine ungnädige 
Antwort zurück brachte, entstand tobender Tumult. Am 23. Mai 1618 
erschienen die Deputirten des Volkes bewaffnet auf dem Schloß zu Prag 
und warfen in der Hitze des Streites die kaiserlichen Statthalter Mar- 
tinitz und Slavata, die sich schon längst verhaßt gemacht hatten, nebst 
ihrem Schreiber Fabricius zum Fenster hinaus, wol sechzig Fuß tief. 
Doch blieben sie nicht tobt; sie waren erst an einem aus der Mauer ge¬ 
wachsenen Hollunderstrauche hängen geblieben und dann auf einen weichen 
Kehrichthaufen gefallen. Diese rasche That war das Zeichen zum Auf¬ 
ruhr, der sich bald über ganz Böhmen verbreitete. Der Kaiser erschrack, 
als er die Kunde vernahm, und wollte nachgeben; aber die Jesuiten 
meinten, jetzt sei dick Stunde da, alle Ketzer auszurotten; man sehe deut¬ 
lich, wie die Duldung zur Rebellion führe, und der König Ferdinand 
stimmte ihnen bei. Es ward ein kaiserliches Heer gegen die Aufrührer 
abgesandt; allein diesen führte der Graf Ernst von Mansfeld auf Befehl 
der Union 4,000 Mann Hilfstruppen zu, und die Kaiserlichen wurden 
von dem Grafen Thurn geschlagen. Nun rückten die Böhmen gegen 
Oestreich heran, vor ihnen her schritt der Geist des Aufruhrs. Der Kaiser- 
Matthias aber starb mitten in dieser Verwirrung den 20. März 1619.
	        
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