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Meyer.
2. Sie hat geschlummert: „Lieber, du bei mir?
Mir träumte, daß ich auf der Alpe war;
Wie schön mir träumte, das erzähl' ich dir —
Du schickst mich wieder hin das nächste Jahr!
3 Dort vor dem Dorf — du weißt den moos'gen Stein —
Saß ich, umhallt von lauter Herdgetön;
An mir vorüber zogen mit Schalmein
Die Herden nieder von den Sommerhöhn.
4. Die Herden kehrten alle heut nach Haus, —
Das ist die letzte wohl? Nein, eine noch!
Noch ein Geläut klingt an, und eins klingt aus!
Das endet nicht! Da kam das letzte doch!
ö. Mich überflutete das Abendrot,
Die Matten dunkelten so grün und rein,
Die Firne brannten aus und waren tot,
Darüber glomm ein leiser Sternenschein —
6. Da horch! ein Glöcklein läutet in der Schlucht,
Verirrt, verspätet, wandert's ohne Ruh',
Ein armes Glöcklein, das die Herde sucht —
Aufwacht' ich dann, und bei mir wärest du!
? O, bring mich wieder auf die lieben Höhn —
Sie haben, sagst du, mich gesund gemacht . . .
Dort war es schön! Dort war es wunderschön!
Das Glöcklein! Wieder! Hörst du's? Gute Nacht . .
Engstlenalp 1859. , Erdichte, S. 98 f.
289. In Harmesnächten.
Die Rechte streckt' ich schmerzlich oft
In Harmesnächten
Und fühlt' gedrückt sie unverhofft
Von einer Rechten —
5 Was Gott ist, wird in Ewigkeit
Kein Mensch ergründen,
Doch will er treu sich allezeit
Mit uns verbünden.
St. Wolfgang bei Davos 1871. Gedichte, S. 58.
290. Friede auf Erden.
i. Da die Hirten ihre Herde
Ließen und des Engels Worte
Trugen durch die niedre Pforte
Zu der Mutter und dem Kind,
Fuhr das himmlische Gesind'
Fort im Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmel fort zu Uingen
„Friede, Friede auf der Erde!"