Full text: [Teil 5 = Untertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Untertertia, [Schülerband])

20. Römer und Germanen vor Lhristi Geburt. 
(Die Zeit der westgermanischen Wanderung.) 
Karl Lamprecht. Deutsche Geschichte. Berlin. 
1. Der kimbrische Schrecken. 
Was auch immer den Anlaß zum Aufbruch jener furchtbaren Völker¬ 
massen gegeben haben mag, die nach den Angaben der Alten in der 
Höhe einer viertel bis halben Million Seelen von den Westgrenzen alt¬ 
germanischen Wesens her, aus dem Elbetal, um 115 v. Chr. nach Süden 
drangen: gewiß ist, daß die Völkerlawine in ihrem Verlaufe weltgeschicht¬ 
liche Folgen hinterließ. Vier Heere der Römer schlugen die Kimbern 
und Teutonen östlich und westlich der Alpen; diese Siege veranlaßten 
eine verhängnisvolle Weiterentwicklung der inneren Zustände der römischen 
Republik. Jahrelang plünderten die Germanen im Herzen des keltischen 
Völkerbereichs, abgewiesen nur von den Velgen, besonders gefürchtet und 
länger als sonstwo hausend im gesegneten Lande des mittleren Galliens; 
so zerstörten sie die keltische Widerstandskraft, die in langen Jahrhunderte:: 
gesammelt war, und arbeiteten Cäsar vor, dem römischen Eroberer. Hub 
als sie schließlich nach mehr als jahrzehntelanger Irrfahrt in der Provence 
und auf den Raudischen Gefilden den rühmlichsten Untergang fanden, 
da hinterließen sie dem jungen Weltreich der Römer das Gespenst des 
kimbrischen Schreckens und die furchtbare Ahnung von dem Rahen einer 
neuen, nicht römischen, nicht italischen Welt. 
Denn in ganzer, ungeschlachter Größe trat dieses Volk in den Gesichts¬ 
kreis der Alten. Es war ein Stammesauszug, kein Kriegszug abenteuernder 
Recken; langsam bewegte er sich daher im nie endenden Troß der Frauen 
unb Kinder, Herden und Hunde, in roher: Zeltwagen mit gekoppelten 
Pferden: sechs Tage lang sollen allein die Teutonen an Marius' Lager 
vorübergezogen sein. Aus dem Fremdartigen des ganzes Bildes hob sich 
für den kriegsgeschulten Blick der Römer der Riesenleib der Krieger, das 
trotzige Kampfesauge der lebensfrischen Weiber; die alten Frauen aber, 
grauhaarige Priesterinnen, zogen weißgekleidet dahin, ehern den ermatten¬ 
den Körper und sein Linnengewand gegürtet, und schlugen mährend des
	        
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