Full text: Für die Mittel- und Oberstufe evangelischer Schulen (Teil 2, [Schülerband])

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Wein in der Hand. Der Kronprinz öffnete die Flasche und schenkte 
der kranken ein Glas ein, dann schnitt er jedem der Minder ein Stück 
Brot ab und gab es ihnen zu essen. Darauf kam ein Arzt, den der 
Diener des Kronprinzen heimlich gerufen hatte. Der Kronprinz 
legte unbemerkt eine große Kassenanweisung auf den Tisch und ent¬ 
fernte sich. Als der Arzt fertig war, sagte er der Kranken, daß er nun 
alle Tage kommen werde, und daß er auch den Auftrag habe, den 
Apotheker zu bezahlen. 
„Wer war der Fremde?" fragte jetzt die kranke Frau. „Das 
war der Kronprinz von Preußen!" antwortete der Arzt. Da faltete 
die Kranke die Hände zum Dankgebet. Was sie dem lieben Gott ans 
Herz gelegt haben mag, wissen wir nicht, doch ahnen wir es wohl. 
Karl Trog. (Kaiser Friedrich.) 
176. Zu teuer. 
Kronprinz Friedrich Wilhelm und Gemahlin wohnten 1867 in 
dein Schlosse Erdmannsdorf, das etwa 15 km von Warmbrunn 
entfernt ist. Das kronprinzliche Paar besuchte häufig Warmbrunn 
und machte dort Einkäufe. So kam es auch in den Laden eines 
Spielwarenhändlers, um für den Prinzen Wilhelm, unsern jetzigen 
Kaiser, Kleinigkeiten auszuwählen. Ein Schaukelpferd, Säbel, Helm, 
Patronentasche hatte der Kronprinz ausgesucht; der hohe Herr ver¬ 
langte nun die Rechnung. „Aber das hat ja Zeit, Königliche Hoheit!" 
sagte der Kaufinann mit einer tiefen Verneigung. „Nichts da, mein 
Bester, ich borge nicht," versetzte der Kronprinz und zog die Börse; 
„was kosten die Sachen?" Der Händler dachte bei sich: „Ei, einem 
so hohen Besuche kannst bu auch hohe Preise machen", und er rechnete 
für die Gegenstände weit, weit mehr heraus, als was sie sonst kosteten. 
Da klopfte ihm der Kronprinz auf die Schulter und sagte: „Das ist 
für meine Verhältnisse zu viel; so reich bin ich nicht; da wird mein 
Junge vorläufig noch auf die Spielsachen verzichten müssen." 
Spracht, bot der Kronprinzessin den Arm und ließ den Kauf¬ 
mann verblüfft stehen, um in einem andern Laden seine Einkäufe 
zu besorgen. Nach Hermann Jahnke. (Hohenzollern-Anekdoten.)
	        
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