Full text: [Theil 4 = (Tertia), [Schülerband]] (Theil 4 = (Tertia), [Schülerband])

Böhirer: Die Sprache der Tiere. 143 
Daß das Pferd auch westlich von Turkestan das Steppengebiet 
des heutigen südöstlichen und südlichen Rußland bis zum Fuße der 
Karpathen in ursprünglicher Wildheit durchstreifte, kann glaublich er¬ 
scheinen, weniger, daß sogar die Waldregion Mitteleuropas einst von 
Rudeln dieser Tiere belebt gewesen. Die Steppe hat das Pferd geboren, 
die gelben Steppenvölker haben es gezähmt, und nachdem ihnen diese 
That gelungen, ihr ganzes Dasein von ihr abgeleitet. 
66. Die Sprache der Tiere. 
Bühner, Leben und Weben der NaMr. 
Zn dein allgemeinen Sinne der gegenseitigen Mitteilung der 
Empfindungen und Willensthätigkeit und der Verständigung über 
gemeinsame Bedürfnisse findet man die Sprache, je nach der Stufe ihrer 
seelischen Befähigung, bei allen Tieren. Bei manchen Gattungen sind 
die Mittel ihrer Verständigung ganz deutlich und klar; bei andern sind 
dieselben noch nicht von Menschen erkannt wegen der feinen, sinnlichen 
Reizbarkeit und Empfindsamkeit mancher Tierarten, welche für die Sinne 
des Menschen unerreichbar ist. Bei den Insekten z. B. besteht das 
Mittel zur gegenseitigen Verständigung nicht immer in Lauten und Tönen, 
sondern hauptsächlich in Zeichen, welche sie mit den Fühlhörnern geben. 
Die Sprache der Ameisen und Bienen besteht in einer wechselseitigen 
Reibung der Fühlhörner. Durch dieses Mittel muntern sie einander an 
zu gemeinsamen Angriffen des Feindes, zu gemeinsamen Arbeiten und 
zu gegenseitigen Dienstleistungen. Die verschiedenen Kolonieen der Ameisen 
führen oft hartnäckige Kämpfe gegen einander. Wenn sie zu diesem 
Zwecke ihre Wohnungen verlassen, um gegen den Feind auszuziehen, so 
berühren sie einander mit ihren Fühlhörnern an der Stirne und am 
Leibe zum Zeichen des Abmarsches. Sobald ein Soldat dieses Zeichen 
empfangen hat, setzt er sich unverzüglich in Bewegung. Haben die Vor¬ 
läufer oder die Wachtposten irgend eine Entdeckung mitzuteilen, so 
schlagen und stoßen sie diejenigen, welchen sie begegnen, mit den Fühl¬ 
hörnern auf eine eigentümliche Weise. Befindet sich die Armee auf 
dem Marsche, so folgen sie dem Kommando ihrer Führer. Sobald die 
Anführer den eigentlichen Kriegston mit den Fühlhörnern angeben, 
so antwortet die Schar mit Zischen und beschleunigt ihre Schritte. Die 
Kundschafter unterhalten fortwährend den Verkehr zwischen dem Vortrabe 
und der Nachhut, und bei der Ankunft auf dem Kampfplatze werden, 
sobald die Schlacht beginnt, Eilboten in die Heimat gesendet, um, 
wenn es not thut, Verstärkung zu holen. 
Bei jeder nahenden Gefahr schlagen die Wächter Lärm, damit die 
Armee auf der Hut sei. Dieses Zeichen^ erweckt die Mutigen, jagt aber 
den Feigen solchen Schrecken ein, daß sie sich in ihr Nest zurückziehen. 
Braucht eine hungrige Ameise Futter, so berührt sie mit schwingender 
Bewegung die Genossin, von welcher sie Hülfe erwartet. 
Es ist bekannt, daß die kleinen gelben Ameisen eine Art Blattläuse 
in der Nähe ihres Baues gefangen halten und wie ihre Milchkühe 
füttern und pstegen, um sich ihres Saftes als Nahrung zu bedienen. 
Sobald eine solche mikroskopische Milchkuh auf gebieterische Weise von
	        
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