Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

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IV. Naturbilder. 
Finger an ihm vorbei, so fühlt man bald, was ihm diese Fähigkeit 
gibt. Er ist, besonders auf der Bauchseite, mit sehr kleinen, aber steifen 
Rauhigkeiten besetzt, die alle nach hinten gerichtet sind; vom Kopf nach 
dem Schwanz gestrichen, fühlt er sich ganz glatt an, vom Schwanz nach 
dem Kops gestrichen, rauh wie eine seine Feile. Will er nun vor¬ 
wärts kriechen, so zieht er sich erst zusammen und streckt sich dann lang 
aus. Das kann auf zweierlei Weise geschehen: 1. das Kopfende be¬ 
wegt sich nach vorn, 2. das Schwanzende geht nach hinten. Das 
letztere lassen aber die Rauhigkeiten nicht zu; sie geben also dem 
Schwanzende einen festen Stützpunkt, und von diesem aus drückt der 
Regenwurm seinen zugespitzten Kops leicht und glatt in die Erde ein. 
Wie die von ihm gefertigten Wurmröhren beschaffen sind, läßt 
sich in bröckliger Ackererde schwer erkennen. In Sand gehen sie 1 bis 
2 m senkrecht abwärts und endigen dort blind, zum Teil mit, zum Teil 
ohne horizontale Ambiegung. Am Ende sitzt der Wurm, mit dem Kopf 
abwärts; rings um ihn sind die Wände mit kleinen Steinen tapeziert. 
An der Röhrenwand findet man kleine schwärzliche Lervorragungen; 
diese sind die letzten Endresultate seiner Verdauung. In einem halb 
landwirtschaftlichen Aufsatz, wie dieser ist, darf man wohl von Dünger 
reden; wir wollen die schwarzen Massen den Äumus des Wurmes 
nennen; denn wie Äumus, wie fette, schwärzliche Ackererde, sehen sie 
allerdings aus und sind fruchtbar wie diese. Alte, verlassene Wurm¬ 
röhren sind damit ziemlich regelmäßig tapeziert oder angefüllt. Bei 
Versuchen von Äensen wurden Würmer in ein Glasgefäß von ^ m 
Durchmesser gesetzt, das bis \ m Löhe mit Sand gefüllt und darüber 
mit einer Schicht abgefallener Blätter bedeckt war. Die Würmer machten 
sich schnell ans Werk; nach anderthalb Monaten waren viele Blätter 
bis 8 om tief in den Sand hineingezogen; an der Oberfläche lag eine 
Humusschicht von 1 cm Äöhe, und im Sande waren zahlreiche Wurm¬ 
röhren, teils frisch, teils mit einem inneren Äumusüberzug von 3 mm 
Dicke bekleidet, teils ganz mit Äumus gefüllt. 
Wenn nun Pflanzen auf einem von Würmern durchzogenen Boden 
wachsen, so finden sich in den etwas älteren Röhren ihre Wurzeln, 
üppig entwickelt, bis zum Ende der Röhre kriechend, mit zahlreichen 
Saughaaren, welche den Äumus der Wände aufsaugen. In der Tat 
müssen solche Röhren dem Wachstum der Wurzeln äußerst günstig 
sein: sie finden dort Raum in der Richtung senkrecht abwärts, Feuchtig¬ 
keit und Nahrung. Es scheint sogar, daß die ineisten Wurzeln, namentlich 
die dünnen, biegsamen Saugwurzeln, nur da in den Antergrund hinab¬ 
dringen können, wo die Würmer ihnen den Pfad vorgezeichnet haben.
	        
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