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VII. Im Wechsel der Tages- und Jahreszeiten.
170. Frühlingsglaube.
Von Ludwig Ahland.
1. Die linden Lüfte sind erwacht,
sie säuseln und weben Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Äerze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
2. Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden;
es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Lerz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
171. Frühlingslied.
Von Wilhelm Wackernagel.
1. Der Frühling kommt ins Land herein,
er fliegt auf Schwalbenschwingen,
und vor ihm her und hinterdrein
die Vögel alle singen,
und schweigend wohl, doch froh genug,
umflattert ihn mit leisem Flug
und Zug auf Zug
ein Äeer von Schmetterlingen.
2. Da wird's dem Wald so jugendlich,
er saßt ein neu Gemüte;
die ält'sten Berge stecken sich
nun Reiser auf die Äüte;
ja, wo auch nur ein schmaler Spalt,
gesprengt in Felsen grau und kalt,
da alsobald
hängt eine frische Blüte.
3. Die schaut mit heiterm Angesicht
weit über alle Tale
entgegen da dem Morgenlicht
und nach dem Abendstrahle;