Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

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II. Sagen. 
Volkes gingen bald vollends zugrunde. Sie haben uns keine Spur 
ihrer Größe zurückgelassen. Belisar aber kam mit Gelimer und seinen 
anderen Gefangenen wohlbehalten in Byzanz an und wurde mit allen 
Ehren gefeiert. Wie einst den römischen Äelden in der alten Welt¬ 
stadt, wie zuletzt noch dem Titus und Trajan und einigen anderen 
römischen Kaisern, so wurde auch ihm die Ehre eines Triumphzuges 
zuerkannt. In ihm schritten Gelimer und alle seine Verwandten und 
alle Edeln der Vandalen als Gefangene einher. Als Gelimer den 
Zirkus betrat, wo er den Kaiser auf seinem Throne und alles zu¬ 
schauende Volk erblicken mußte, hatte er weder Seufzer noch Tränen, 
sondern er sprach beständig die Worte des Predigers Salomon vor sich 
hin: „Eitelkeit der Eitelkeiten! Alles ist eitel!" Als er bis an den 
Thron des Kaisers gelangt war, mußte er seinen Purpurmantel ab¬ 
legen, mit welchem er bis dahin umkleidet war, sich mit dem Gesichte 
zur Erde niederwerfen und so den Kaiser Iustinian anbeten. Dasselbe 
tat auch Belisar; er warf sich mit Gelimer zur Erde. Diesem wies 
der Kaiser reiche Besitztümer in Galatien in Kleinasien an; dort ge¬ 
stattete er ihm, seine Lebenstage in Frieden zu beschließen. 
15. Alboin und Rosamunde. 
Von Wilhelm Wägner. 
In Pannonien, dem heutigen Llngarn, und den angrenzenden 
Ländern trieben die germanischen Gepiden und Langobarden und die 
asiatischen Avaren ihr Wesen. Jagd und Krieg beschäftigten die freien 
Männer, den Leibeignen blieb die Äut der Lerden und der notdürftige 
Ackerbau überlassen. Da geschah es, daß in einem Gefecht Alboin, 
Sohn des Langobardensürsten Audoin, den Sieg gewann und einen 
Sohn des Thurisind, des Königs der Gepiden, erschlug. Der Sieger 
raubte die Rüstung des Gefallenen und schritt zum Festiuahl in des 
Vaters Äalle; allein dieser wies ihn zurück, indem er sagte: „Bist du 
der väterlichen Sitte unkundig, daß du hier Zutritt begehrst, wo nur 
erprobte Melden zum festlichen Siegesmahl sich versammeln? Erst wenn 
der Fürstensohn für tapfere Taten Schwert, Schild und Rüstung von 
einem fremden König erhalten hat, wird ihm zum Mahle der Melden 
die Pforte geöffnet." Damit schob er den Sohn aus der Äalle und 
schloß die Türe hinter ihm zu. Da stand der junge, feurige Krieger, 
ausgestoßen, wie er meinte, gleich einem Feigling, vor dem väterlichen 
Gehöfte, und seine Land fuhr nach dem Schwertknauf; aber des Vaters 
ehrwürdige Gestalt erhob sich vor seiner Seele, und er zog die zum
	        
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