Tiergruppen, die ausnahmslos die Farbe ihrer Umgebung angenommen
haben, z. B. sämtliche Wüstentiere, die alle mehr oder weniger sandfarbig
sind und nur dank dieser Farbe, die vollständig im Boden aufgeht, ihr
Dasein in jenen öden, aller verbergenden Gebüsche und Bäume baren
Gegenden fristen können.
Ein auffallend gefärbtes Tier würde in der Wüste aus weiter Ferne
gesehen werden und bald den Raubtieren erliegen, ebenso wie ein grell¬
gefärbtes Raubtier sich nicht unbemerkt an seine Beute anschleichen könnte.
Wenn auch gewöhnlich die Schutzfarben matte und stumpfe Töne bevor¬
zugen, so ist dies keineswegs immer der Fall; die Färbung richtet sich
vielmehr genau nach der Umgebung, und wo diese bunt, ist auch das Tier
vielfarbig, da es nur dann in der bunten Umgebung aufgeht. Ein auf¬
fallend gefärbter glänzend grüner Papagei ist in dem Laubgewirr seines
Wohnbaumes kaum zu entdecken, und der prachtvoll buntgefärbte Tiger
verschwindet dem Auge in den Dschungeln seiner Heimat vollständig, da
die hellen und dunkeln Streifen seines Felles genau die beleuchteten und
beschatteten Stangen des bergenden Rohrwaldes wiedergeben.
Bei manchen Tieren ist aber das Schutzbedürfnis in anderer Weise
als bei der großen Masse zur Wirkung gelangt. Es hat sich gleichsam
viel weiter ausgebildet und sogar auf die Gestalt des Tieres in hohem
Maße bestimmend eingewirkt, es hat sozusagen die einzelnen Wesen einem
bestimmten geschützten Modell nachgearbeitet oder, mit andern Worten,
gewisse Tiere mit einer täuschenden Maske versehen, so daß sie nur sehr
schwer unter dieser Maske erkannt werden können. Einige in die Augen
fallende Beispiele dieser sogenannten Nachäffung oder Mimikry im Tier¬
reiche wollen wir im folgenden näher betrachten.
Es ist selbstverständlich, daß diese ausgeprägteste Art des Schutzes
sich hauptsächlich nur bei sehr schutzbedürftigen Tieren ausgebildet hat, also
bei Tieren, die weder Waffen besitzen, um sich zu verteidigen, noch Mittel,
um ihren Feinden zu entfliehen. Daher darf es uns nicht wundern, wenn
wir gerade in dem großen Reiche der meistens schutzbedürftigen Insekten
diese Einrichtung am verbreitetsten finden, und wir wollen daher auch mit
ihnen den Anfang machen.
Sehr häufig finden wir unter den Insekten, besonders den Schmetter¬
lingen und ihren Raupen, die Nachahmung von pflanzlichen Gebilden, von
Blättern, Ästen und Zweigen. Welcher Schmetterlingssammler wäre nicht
schon durch eine an einem Zweig hängende Kupferglucke (Gastropacha
quercifolia) oder einen Pappelschwürmer (Lmorinttius populi), den er für
ein welkes Blatt hielt, getäuscht und erst bei schärferem Hinsehen oder bei
einer Bewegung des Tieres seinen Irrtum gewahr geworden? Der Pappel¬
schwärmer legt seine braunroten, graugewellten, ausgezackten Flügel so
über den Rücken, daß der gezackte Rand der Hinterflügel über die Vorder¬
flügel hervorragt, und in dieser Flügelstellung hängt er sich mit den