Beschreibungen urtò Schilderungen
123. Hus einem alten Hamburger Patrizierkaule.
Von Paul Hertz.
Unser Elternhaus. Hamburg 1903. 8. 21.
Im Kontor.
flii§ der Vater das Haus kaufte und in den nächsten zwölf Jahren
H befand sich im Erdgeschoß des Vorderhauses nur ein einziges Zimmer
— das Kontor. Die Treppe nach dem ersten Stock stieg dicht hinter
ihm empor. Nur dunkel erinnere ich mich dieses Zustandes. Da war
ein ganz kleines Fenster, das vom Kontor nach der Treppe sah, eben
groß genug, daß die Kommis uns Kinder horizontal hindurch stecken
konnten. Man mußte sich aber ganz steif halten, sonst ging es nicht.
Leider war diese Kunstleistung, auf die wir sehr stolz waren, nur etwa bis
zum sechsten Jahre möglich, weil das dumme Fenster nicht mit wuchs.
Im Jahre 1845 wurde hinter dem Kontor zur Vergrößerung der
Geschäftsräume ein zweites Zimmer errichtet und die Treppe um so viel
zurück verlegt. Das neue Zimmer erhielt den Namen „Käfig", weil es
nur spärliches Licht von der Diele aus empfing und die Fenster gegen
Diebesgefahr vergittert waren.
Im Kontor selbst stand in der Mitte, der Länge des Raumes nach,
ein großes Doppelpult mit Regalen und zwei Arbeitsplätzen an jeder
Seite. Vor dem Fenster, wo das günstigste Licht war, schrieb der
Vater, an den übrigen arbeiteten zwei Kommis und ein Lehrling.
Unser Vater war Kaufmann und Reeder. Manches schöne Schiff
fuhr auf der See, das seine Flagge führte. Auf Sansibar besaß er
eine eigene Faktorei, von der Waren kamen und wohin andere gesandt
wurden. Aber auch nach anderen fernen Weltgegenden segelten die
Schiffe teils mit eigenen Ladungen, teils an andere verfrachtet. Da
konnte es nicht fehlen, daß sich das Kontor mit den interessantesten
Dingen füllte. An den Wänden waren Modelle von Schiffsrümpfen
befestigt, aus feinem Holze sauber gearbeitet und so blank poliert, daß
sich das Licht darin spiegelte. Dazwischen hingen Karten und Ansichten
fremder Häfen. Auf den Bücherschränken lagen wunderbare Muscheln,
Korallen, See- und Landseltenheiten allerart, die die Kapitäne aus