befiehlt ihm noch, ja darauf zu dringen, dass alle ihre Verwandten
kommen sollten.
7.
König Günther bespricht sich mit seinen Brüdern und Mannen
über die Botschaft des Hunnenkönigs. Hagen, der Ermordung
Siegfrieds eingedenk, rät ab von der Reise; als aber Gernot und
Giselher ihm Furcht vorwerfen, schliefst er zürnend sich an, rät
jedoch, mit Heeresmacht auszuziehen, da ihm Böses ahne.
Mit tausend und sechzig ihrer Mannen, tausend Nibelungen
und neuntausend Knechten brechen die Könige auf. Durch Ost¬
franken geht der Zug bis zur Donau, dann ziehen sie durch
Bayerland über Passau nach Bechlarn, wo der Markgraf Rüdiger
wohnt. Hier gemessen sie die Gastfreundschaft des Markgrafen und
seiner Hausfrau Gotelind.
Die schöne Tochter des Hauses wird Giselher verlobt; auch
keiner der andern geht unbeschenkt hinweg: König Günther emp¬
fängt ein Waffengewand, Gernot ein Schwert, Hagen einen kost¬
baren Schild, Dankwart festliche Kleider, Volker, der Spielmann,
der zum Abschied fiedelte und sang, zwölf Goldringe. Rüdiger selbst
mit fünfhundert Mannen begleitet die Helden zum Feste. Dietrich
von Bern, der bei den Hunnen lebte, reitet mit seinen Amelungen
den Gästen entgegen. Er warnt die Burgunder!, auf ihrer Hut zu
sein, da die Königin noch jeden Morgen um Siegfried weine.
Jetzt wird an das Hoflager des Hunnenkönigs die Nachricht
von der Ankunft des Burgundenheeres gebracht; Etzel und Kriem-
hild treten an das Fenster, um die Scharen einziehen zu sehen: da
erscheinen in der Feme die wohlbekannten burgundischen
Wappenschilde und Adlerhelme. „Das sind meine Verwandten,“
ruft Kriemhild, „wer mir nun hold sein will, der denke meines
Leides.“ Die Hunnen drängen sich in Haufen herbei, um einen
zu sehen in der ganzen Schar: den grimmen Hagen von Tronje,
der Siegfried von Niederland erschlagen, den stärksten aller
Recken. Da reitet er ein auf hohem Rosse, der finstre, furchtbare
Held, lang gewachsen und mit seinem dunklen Zomesauge die an¬
dern weit überschauend, wie Eisen fest an Brust und Schultern,
grau gemischten Haares und entsetzlicher Gesichtszüge. Hagen
sitzt ab und tritt zu Dietrich, der ihn auch hier bewillkommnet. Da
fragt der Hunnenkönig aus dem Fenster: „Wer ist der gewaltige
Held, der dort bei Dietrich steht?“, und ein alter Burgunde, der mit
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